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Fonds-News KW 28 | 08.07.2025
Trump gegen Powell – die amerikanische Notenbank zwischen Vergangenheit und Zukunft: Streitpunkt Inflation
Die Debatte darüber, ob die Inflation nach der Pandemie ab Frühjahr/Sommer 2021 tatsächlich nur ein „vorübergehendes“ Phänomen war, wie die amerikanischen Notenbank Fed unter ihrem Präsidenten Jerome Powell formulierte, beschäftigt die US-Notenbank noch immer. Rückblickend war der Begriff nicht vollkommen falsch: Zwischen 2021 und 2023 gab es eine massive, aber zeitlich begrenzte Preissteigerung. Ausgelöst durch Pandemie-Folgen, gestörte Lieferketten und starke staatliche Hilfsmaßnahmen stiegen die Preise deutlich, bevor sich der Druck ab Mitte 2023 wieder abschwächte. Kritisch war weniger die Diagnose, sondern das späte Handeln der Fed. Trotz deutlicher Warnzeichen hielt sie – rückblickend betrachtet – möglicherweise zu lange an einer lockeren Geldpolitik fest. Damit blieb die Nachfrage hoch, obwohl sich das Angebot längst normalisiert hatte.
Heute, im Sommer 2025, zeigt sich das gegenteilige Bild. Die US-Wirtschaft wächst langsamer, die Inflation liegt wieder in der Nähe des Zielwerts, und der Arbeitsmarkt zeigt erste Entspannungsanzeichen. Die im Juni auf Monatsvergleich gesunkene Arbeitslosenquote von 4,2 % auf 4,1 % signalisiert dennoch keine Überhitzung, sondern eine stabilisierte Lage nach der Erholungsphase. Diese Entwicklung ist das Resultat einer verspäteten, aber nun restriktiveren US-Geldpolitik. Frühere Preistreiber wie Lieferengpässe oder Fachkräftemangel sind größtenteils verschwunden. Auch die fiskalischen Impulse wurden zurückgefahren. Gleichzeitig lässt der private Konsum nach – nicht abrupt, aber spürbar. Vor diesem Hintergrund wird klar: Die geldpolitische Strategie muss sich anpassen, weg vom Reagieren auf Überhitzung, hin zur Sicherung von Stabilität.
Inflation: ein wiederkehrendes, aber nie gleiches Phänomen
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Inflation nie einem einheitlichen Muster folgt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam sie abrupt, verschwand aber schnell. In den 1970er-Jahren hingegen hielt sie sich fast ein Jahrzehnt, befeuert durch Ölkrisen und politische Fehler. Die geldpolitische Reaktion unter dem damaligen Fed-Präsident Paul Volcker – ein harter Zinsschock – war zwar wirksam, aber wirtschaftlich schmerzhaft. In den 1990er-Jahren versuchte Fed-Präsident Alan Greenspan frühzeitig gegenzusteuern, was später zur Dotcom-Blase (in Europa: Neuer Markt) beitrug. Und nach der Finanzkrise 2008 zeigte sich, dass selbst extreme Lockerungen nicht zwangsläufig Inflation erzeugen. Die Beispiele verdeutlichen: Inflation ist ein wiederkehrendes, aber nie gleiches Phänomen – und Geldpolitik muss darauf reagieren, nicht schematisch, sondern kontextabhängig.
Die Preisphase nach der Pandemie war in ihrer Geschwindigkeit besonders. Die Kombination aus globalen Lieferengpässen, Arbeitskräftemangel und ungewöhnlich hohen Transfers an private Haushalte trieb die Preise stark an. Unternehmen kamen mit dem Hochfahren ihrer Produktion kaum hinterher. Doch dieser Druck war, wie nun sichtbar, nicht dauerhaft. Seit Mitte 2023 haben sich die meisten dieser Effekte aufgelöst. Die Teuerung ist gesunken, die Lohnentwicklung flacht ab, und auch die Erwartungen bleiben stabil. Heute lässt sich sagen: Der Schock war heftig, aber temporär. Die Herausforderung bestand darin, kurzfristige Effekte nicht mit strukturellen Risiken zu verwechseln – ein Fehler, den die Fed erst spät erkannte. Der Historiker tut sich halt meist leichter als der Prophet.
Antizipieren ist auch für Notenbanken sehr herausfordernd
In dieser Rückschau wird ein Muster deutlich. Die Fed agiert oft zu reaktiv. Sie zögerte mit Zinserhöhungen in der Inflationsphase und zögert nun mit Zinssenkungen im Abschwung. Besonders problematisch ist dabei der Einfluss öffentlicher Debatten und politischer Erwartungen. Der aktuelle Streit zwischen Notenbankchef Jerome Powell und Donald Trump, der ihm vorwirft, durch angeblich absichtliche Zinserhöhungen seine Wahlchancen geschmälert zu haben, verdeutlicht diese Dynamik. Wenn geldpolitische Entscheidungen stärker von politischen Spannungen als von wirtschaftlichen Daten getrieben werden, entsteht das Risiko neuer Verzerrungen. Das Muster: Erst zu locker, dann zu strikt – eine Reaktion auf vergangene Fehler, nicht auf die aktuelle Lage.
Ein Beispiel dafür ist die aktuelle Debatte um neue Zölle. Die Fed warnt vor möglichen Preissteigerungen durch Importzölle, insbesondere auf Waren aus China und Mexiko. Doch bisher zeigen sich diese Effekte kaum. Der Verbraucherpreisindex bleibt stabil, die Kerninflation sinkt weiter. Der zuletzt veröffentlichte Economic Composite Index deutet eher auf eine Abschwächung der Konjunktur hin als auf neue Inflationsrisiken. In einem solchen Umfeld auf eine theoretisch mögliche Preiswelle zu reagieren, könnte die wirtschaftliche Erholung behindern. Zölle mögen potenziell inflationär wirken – in der Realität 2025 tun sie es aber (noch) nicht.
Fed: Hüterin der Stabilität in einem politisch unübersichtlichen Umfeld
Zudem wirken Zölle heute anders. Unternehmen haben gelernt, flexibel zu reagieren: durch Diversifizierung ihrer Lieferketten, Umstrukturierung von Produkten oder Ausweichen auf andere Märkte. Verbraucher können ebenfalls reagieren, indem sie auf günstigere Alternativen ausweichen. Diese Anpassungsfähigkeit reduziert die Durchschlagskraft von Zöllen auf das Preisniveau erheblich. Ein Beispiel: Die kürzlich eingeführten Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge und mexikanischen Stahl haben bislang global kaum Auswirkungen auf die Endpreise gezeigt. Viele Unternehmen verlagern die Produktion nach Vietnam oder Indien. So verpufft ein möglicher Preisdruck, bevor er beim Konsumenten ankommt.
Kritiker sehen daher das größere Risiko nicht in den Zöllen selbst, sondern in einer übervorsichtigen Reaktion der Geldpolitik. Wenn die Fed hohe Zinsen aus Angst vor hypothetischen Inflationsrisiken zu lange beibehält, könnte das Investitionen bremsen, Kreditausfälle erhöhen und den Arbeitsmarkt unter Druck setzen. Gerade für kleinere Unternehmen oder Haushalte mit variablen Schulden (Schulden mit variablen Zinssätzen) wäre das ein Problem. Dies ist möglicherweise eine riskante Haltung, der Fed ist es jedoch wichtig für die Märkte ein stabiler Anker für Verlässlichkeit zu sein. Die Entwicklung der US-Märkte gibt der Fed aktuell Recht. Trotzdem muss diese konservative Herangehensweise stetig überprüft werden. Statt auf vergangene Fehler mit Überkorrektur zu reagieren, wird der Tag kommen, an dem es sinnvoller ist, sich stärker auf das aktuelle Datenbild zu konzentrieren. Hier hat die Europäische Notenbank in den letzten Monaten mehr Handlungsspielraum gehabt, welchen sie gut genutzt hat, indem sie die Zinsen schrittweise, aber doch deutlich gesenkt hat. Eine Maßnahme, die der europäischen Wirtschaft nun zugutekommen sollte.
Senkt die Fed die Zinsen, sobald der Zollstreit beendet ist?
Letztlich zeigt sich, dass erfolgreiche Geldpolitik weniger mit Prognosefähigkeit zu tun hat als mit Anpassungsfähigkeit. Die Situation im Sommer 2025 wäre in den USA ohne eruptive Politik von Donald Trump klarer: Die Inflation ist unter Kontrolle, das Wachstum verlangsamt sich etwas, der Arbeitsmarkt bleibt aber robust. Wenn in dieser Lage keine geldpolitische Lockerung erfolgt, könnte dies aber in den nächsten Monaten die weitere wirtschaftliche Erholung gefährden. Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich – und wer aus ihr lernt, sollte nicht zu lange auf mögliche (zoll)politische Unsicherheiten bauen. Entscheidungen der Fed sollten daher primär auf der aktuellen Lage basieren, gleichwohl kann sie die politischen Entwicklungen nicht außer Acht lassen. Auf alle Fälle sollte sie nicht auf überholte Narrative setzen. Am Schluss zählen Wirtschaftsdaten mehr als politische Debatten oder wie eine alte Börsenregel besagt: Politische Börsen haben kurze Beine.
WF
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