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Fonds-News KW 24 | 11.06.2025
Bedroht Japans Renditeentwicklung die globalen Finanzmärkte?
Japan, lange Zeit ein Stabilitätsanker der globalen Finanzmärkte, steht derzeit unter Druck. Die Renditen japanischer Staatsanleihen sind zwischenzeitlich auf historische Höchststände gestiegen. Besonders betroffen sind „superlange“ Laufzeiten von 30 oder 40 Jahren, deren Renditen innerhalb weniger Wochen massiv gestiegen sind. Diese Entwicklung hat nicht nur in der japanischen Wirtschaft, sondern auch bei internationalen Investor:innen Wellen geschlagen. Premierminister Shigeru Ishiba sprach im Parlament von einer finanziellen Lage, die schlechter sei als jene Griechenlands.
Was treibt die Renditen nach oben?
Japan ist das am höchsten verschuldete Industrieland der Welt. Die Schulden belaufen sich auf rund 240 % des Bruttoinlandsprodukts. Jahrzehntelang wurde diese Verschuldung durch die Nullzinspolitik der Bank of Japan (BoJ) gestützt, doch nun zeichnet sich ein Vertrauensverlust ab. Die Nachfrage bei Auktionen langfristiger Anleihen ist eingebrochen – bei einer Auktion 20-jähriger Anleihen wurde lt. Bloomberg zuletzt die niedrigste Bieterquote seit 2012 verzeichnet. Investor:innen verlangen für langfristige Investitionen in einem hoch verschuldeten Land, das einer steigenden Zinslast ins Auge sieht, offensichtlich einen zusätzlichen Risikoaufschlag. Nach einer jahrzehntelangen Null- und Negativzinspolitik hatte die BoJ den Leitzins im März 2024 erstmals wieder angehoben. Nach mehreren Zinsschritten liegt dieser derzeit bei 0,5 %. Gleichzeitig reduzierte sie die Anleihekäufe. Diese geldpolitische Normalisierung hat einen Angebotsüberhang erzeugt, da das staatliche Emissionsvolumen hoch geblieben ist. Zudem haben ausländische Investor:innen ihr Engagement zurückgefahren. Das hatte sinkende Kurse und damit steigende Renditen zur Folge. Auffällig ist auch die Steilheit der Zinskurve – also der Renditeabstand zwischen kurz- und langfristigen Anleihen. Nach Jahrzehnten der Deflation erlebt Japan derzeit eine ungewohnt hohe Inflation von 3,6 % und es wird bezweifelt, ob das Zielniveau von 2 % wieder rasch erreicht werden kann. Im Gegenteil - die Inflationserwartungen sind zuletzt gestiegen. Diese Entwicklung, gepaart mit einem Überangebot an Anleihen und sinkender Zentralbanknachfrage, hat das Vertrauen der Investor:innen erschüttert.
Premierminister Ishiba warnt vor finanzieller Lage
In einer vielbeachteten Rede vor dem Parlament äußerte sich Premierminister Ishiba unlängst: „Die finanzielle Lage unseres Landes ist zweifellos äußerst schlecht – schlechter als die Griechenlands“. Mit dieser Aussage zog er einen provokanten Vergleich zur europäischen Schuldenkrise und verunsicherte die Märkte zusätzlich. Ishiba wies Forderungen nach Steuersenkungen zurück und betonte, dass Japan sich in einer „Welt mit Zinsen“ befinde – ein klarer Hinweis auf die neue Realität nach dem Ende der Nullzinspolitik der BoJ.
Gleichzeitig trübt der Zollstreit mit den USA die wirtschaftlichen Aussichten, auch wenn das Land darum bemüht ist, alle zusätzlichen Einfuhrzölle aufgehoben zu bekommen. Ein weiteres Problem stellt die alternde Bevölkerung Japans dar, weshalb die Sozial- und Rentenausgaben tendenziell zunehmen, während es weniger erwerbstätige Beitragszahler:innen und sinkende Steuereinnahmen gibt.
Druck auf Bankenlandschaft
Die Liquiditätsrisiken bei japanischen Staatsanleihen werden durch die unausgewogene Eigentümerstruktur verstärkt: Die BoJ hält rund die Hälfte der ausstehenden Staatsanleihen. Die gigantische Bilanz der BoJ stellt eine große Gefahr für die Finanzstabilität in Japan dar. Ein Anstieg der Renditen würde einen Buchverlust japanischer Staatsanleihen bedeuten, die laut Bloomberg fast 80 % ihrer Bilanz ausmachen. Aber nicht nur die Notenbank müsste Buchverluste verkraften. Die Bankenlandschaft könnte, ähnlich wie in den USA im Frühjahr 2023 unter Druck geraten. Die gestiegenen US-Zinsen hatten Bewertungsverluste von Anleihebeständen in Bankbilanzen zur Folge, woraufhin einige Regionalbanken kollabierten. Die gestiegenen japanischen Renditen könnten ein ähnliches Szenario zur Folge haben.
Globale Konsequenzen
Japan zählt nicht nur zu den am stärksten verschuldeten Ländern der Welt, es zählt auch zu den größten Gläubigern der Welt. Japanische Banken und Versicherungen halten aufgrund des attraktiveren Renditeniveaus beträchtliche Anleihebestände aus dem Ausland. Werden inländische Staatsanleihen aufgrund höherer Renditen wieder attraktiver, könnten Gelder aus dem Ausland verstärkt abgezogen und im Inland investiert werden. Die Nachfrage nach ausländischen Papieren – insbesondere auch in Europa und den USA – könnte sinken und Aufwärtsdruck auf die dortigen Renditen erzeugen, was zu steigenden Refinanzierungskosten führen würde.
Im August 2024 hatten die gestiegenen japanischen Renditen bereits zu Marktturbulenzen geführt, als sogenannte Yen-Carry-Trades aufgelöst wurden. Dabei verschulden sich Investoren kostengünstig in Yen und investieren damit im renditestärkeren Ausland. Steigen die Finanzierungskoten in Yen, wird dies unattraktiver und Investitionen werden aufgelöst. Ein Szenario wie im August letzten Jahres könnte sich wiederholen und die Märkte beunruhigen. Bisher sind stärkere Marktturbulenzen ausgeblieben, aber insbesondere bei weiter steigenden Renditen dürfte sich die Wahrscheinlichkeit von erneuten Turbulenzen erhöhen.
Der Vergleich mit Griechenland hinkt
Trotz des Vergleichs von Japans Premierminister mit Griechenland gibt es Unterschiede. Japan hat eine eigene Währung und eine leistungsfähige Zentralbank, die im Notfall eingreifen kann. Dies war in Griechenland, dass damals bereits den Euro hatte und damit auf die externe Hilfe von EWU und die EZB angewiesen war, nicht der Fall. Der Großteil der japanischen Staatsschulden wird von inländischen Investor:innen, allen voran der BoJ, gehalten – anders als in Griechenland, wo ausländische Gläubiger:innen dominierten und ihre Wertpapiere im großen Stil verkauften. Außerdem verfügt Japan über eine starke industrielle Basis und eine hohe Sparquote, was strukturelle Resilienz verleiht. Dennoch macht der Vergleich deutlich, wie ernst die Lage ist und wie schnell sich Vertrauen in ein hochverschuldetes Land verflüchtigen kann.
Die Ära der „kostengünstigen Staatsfinanzierung“ durch Zentralbanken ist vorbei. Was bleibt, ist eine neue Realität: „eine Welt mit Zinsen“, wie Premierminister Ishiba es formulierte. Und nicht nur Japans Staatsschulden sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten angestiegen. Auch in vielen anderen Industriestaaten sind die Schulden und die Renditeniveaus in den letzten Jahren gestiegen. Höhere Zinsen mit einer hohen Schuldenlast können die Haushaltsdefizite belasten und so zu einer Gefahr für Staaten werden. Zuletzt hatte Moodys als die letzte der drei großen Ratingagenturen die USA vom Bestrating AAA auf AA+ mit stabilem Ausblick herabgestuft. Neben höheren Renditen, die Investor:innen für hoch verschuldete Länder fordern, ein weiteres Zeichen dafür, dass die Zeit des „unbegrenzten Schuldenmachens“ vorbei zu sein scheint.
Angesichts des Auktions-Debakels und der Verunsicherung der Investor:innen weltweit ist Japan bemüht, Anleiheinvestor:innen zu beruhigen. Premierminister Ishiba kündigte eine Überprüfung der Haushaltsausgaben, um das Emissionsvolumen zu begrenzen und die Einrichtung eines Krisenstabs, der gemeinsam mit der BoJ Maßnahmen zur Marktberuhigung entwickeln soll an. Auch eine verstärkte Kommunikation mit internationalen Investor:innen, um das Vertrauen in die japanische Fiskalpolitik wiederherzustellen, ist geplant. Japans Renditen sind daraufhin wieder gesunken dennoch bleibt die grundsätzliche Problematik bestehen und sollte neben anderen Unsicherheitsfaktoren wie zum Beispiel der Zollthematik im Auge behalten werden.
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