Fonds-News KW 48/2020
RCEP – das größte Freihandelsabkommen der Welt
Neben Corona, Lockdown und Trumps Nicht-Anerkennung des Sieges von Joe Biden ist ein Thema fast untergegangen: 15 asiatische Staaten konnten sich nach 8 Jahren Verhandlung zu einem Freihandelsabkommen durchringen und dabei diverse zwischenstaatliche Differenzen in der Region überwinden. Europa und die – unter der letzten Regierung immer protektionistischer gewordenen – USA sind nicht daran beteiligt.
Die neue, weltgrößte Freihandelszone „Regional Comprehensive Economic Partnership“ (RCEP) umfasst neben den 10 ASEAN Staaten (Brunei, Indonesien, Malaysien, den Philippinen, Singapur, Thailand, Myanmar, Kambodscha, Laos und Vietnam), welche eine ältere Freihandelszone bilden, auch China, Japan, Australien, Neuseeland und Südkorea. Die gigantische Freihandelszone umfasst rund 2,2 Milliarden Menschen und bereits jetzt rund 29 % des globalen Handelsvolumens. Damit hat das Abkommen das Potenzial die Prioritäten des Welthandelssystems zu verschieben.
Alle Abkommen, die in der jüngeren Vergangenheit in Verhandlung waren und einen Gegenpol zu dieser Macht hätten bilden können, sind gescheitert. Die USA haben unter Trump viele Verhandlungen über Handelsabkommen abgebrochen. Dazu gehören die Transpazifische Partnerschaft TPP, die ein Abkommen zwischen asiatisch-pazifischen aber auch mittel- und südamerikanischen Staaten bildet. Ursprünglich hätten auch die USA daran beteiligt sein sollen, was dem Abkommen ein gleichwohl größeres Gewicht verliehen hätte als dies jetzt der Fall ist. Auch der Freihandel mit Europa im Rahmen des TTIP-Vertrages wurde gestoppt. Dafür wurden Handels- und Zollstreitigkeiten ausgetragen.
Inhalte wenig spektakulär, RCEP jedoch von großer Bedeutung
Die beschlossene Reduktion der Zölle um rund 65 % und bis zu 90 % in den kommenden zwei Jahrzehnten ist wenig ambitioniert, ebenso der Abbau anderer Handelsbeschränkungen. Weiters wurden Regelungen in Bereichen, wie z.B. Dienstleistungen, Investitionen, Telekommunikation und eine enge Zusammenarbeit bei der Ausgestaltung von gemeinsamen Standards vereinbart. Themen wie Umweltschutz oder Arbeitsrechte wurden hingegen gar nicht berücksichtigt. Wesentlich sind hingegen die neuen Ursprungsregeln. Unternehmen wird künftig ein einziges Herkunftszertifikat genügen um mit allen RCEP Mitgliedern handeln zu können, was den grenzüberschreitenden Handel in der Freihandelszone massiv erleichtert und so deutlich zur Förderung der Wirtschaft in der Region beitragen wird.
Die große Bedeutung des Abkommens liegt in der globalen Machtverschiebung hin in Richtung Asien. China, als einem der Haupttreiber dieses Abkommens, ist ein großer diplomatischer Erfolg gelungen, der das Image des Landes hin zu einem Befürworter einer multilateralen Ordnung wandelte. Europa und die USA verlieren an Einfluss und können Marktstandards, wie z.B. in den Bereichen Umweltschutz, Menschenrechte oder geistiges Eigentum, nicht mehr so leicht vorgeben. Der Einfluss von China in der Region und damit auch global weitet sich aus – eigentlich genau das, was Donald Trump verhindern wollte, indem er versuchte das Land aus der Weltwirtschaft hinauszudrängen und damit zu schwächen. Aber auch wenn China ein wesentlicher Treiber des Abkommens war, dominiert es dieses nicht, so wie es in bilateralen Verträgen häufig der Fall ist. Westlich orientiere Vertragspartner wie Japan, Südkorea und Australien bilden innerhalb des Abkommens einen Gegenpol, der den rasanten Machtzuwachs Chinas eingrenzen kann.
Ein Wermutstropfen ist, dass Indien nicht Teil der RCEP-Länder ist. Indien entschied sich vorerst gegen einen Beitritt um insbesondere das herstellende Gewerbe im eigenen Land zu schützen und eine Überschwemmung des heimischen Marktes mit chinesischen Produkten zu verhindern.
Wachstumstreiber für Asien, aber was bedeutet das für die EU?
Die neue Freihandelszone umfasst auch viele asiatische Schwellenländer (Emerging Markets), die durch ein hohes Wachstumspotenzial gekennzeichnet sind. Sie haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, allen voran China. RCEP fördert nun insbesondere das Wachstum innerhalb der Freihandelszone, indem der Warenaustausch erleichtert wird. Der Handel mit westlichen Ländern, der das Wachstum in der Vergangenheit wesentlich getrieben hat, wird hingegen an Bedeutung verlieren. Die Region wird unabhängiger vom Westen, ohne sein Wachstumspotenzial einzubüßen.
RCEP zeigt die Versäumnisse der EU in den letzten Jahren deutlich auf. Es ist höchste Eisenbahn, dass Europa seine Position im Welthandel verteidigt. In diesem Zusammenhang kommt auch diversen Handelsabkommen große Bedeutung zu, die den globalen Einfluss wieder stärken können. Abkommen über die seit Jahren verhandelt wird, wie z.B. mit Kanada, Lateinamerika oder auch China, müssen endlich abgeschlossen werden. Ein Handelsabkommen mit Großbritannien ist in Bezug auf die Brexit-Thematik und in Hinblick auf die künftige Positionierung der EU und Großbritanniens im Welthandel ebenfalls äußerst dringlich. Und auch das Handelsabkomme mit den USA (TTIP) könnte unter Präsident Biden wieder eine Chance bekommen.
Aber RCEP ist nicht nur negativ zu sehen. Viele international tätige Unternehmen – auch eruopäische – haben bereits Standorte in einem oder mehreren der RCEP-Staaten. Unternehmen, die in RCEP-Gebieten investieren, produzieren oder handeln werden von dem einheitlichen Handelssystem profitieren, da es Erleichterungen in der gesamten Wertschöpfungskette mit sich bringt und daher auch Kosteneinsparungen zu erwarten sind. Zudem hat die EU bereits mit einigen asiatischen Ländern bilaterale Abkommen, welche von RCEP unberührt bleiben. EU-Unternehmen können so vom Wachstum in der Region profitieren.
Insgesamt zeigt das Freihandelsabkommen auf, dass die protektionistische Sicht der Trump-Regierung global keine Schule macht. Von vielen Ländern wird nach wie vor die globale Zusammenarbeit und das Beseitigen von Handelshemmnissen als Basis für eine positive wirtschaftliche Entwicklung gesehen. RCEP kann dazu beitragen, dass die westlichen Länder wieder stärkeren Fokus auf den Ausbau ihrer wirtschaftlichen Beziehungen legen. Insbesondere im Umfeld der Corona-Pandemie, die der Wirtschaft erheblich geschadet hat, ist dies unumgänglich. China und auch einige andere asiatische Länder haben nicht nur die Pandemie bis jetzt sehr gut gemeistert, was dazu führt, dass der Schaden in der Wirtschaft geringer ist und eine Erholung schneller vonstattengehen wird, sondern auch den Weitblick nicht verloren sich global zu positionieren und seine Handelspartnerschaften auszubauen. RCEP wird wesentlich dazu beitragen, dass sich der starke Wachstumstrend in den Emerging Markets fortsetzt und unabhängiger von der Entwicklung der westlichen Länder oder deren Handelspolitik wird.
Eine globale Diversifikation ist beim Investieren unerlässlich, um vom Wachstum unterschiedlicher Märkte profitieren zu können. Aufgrund ihrer zunehmenden Bedeutung dürfen auch die Emerging Markets dabei nicht mehr vergessen werden. Um das Potenzial dieser Märkte nutzen zu können, investieren die TOP- und AvantGarde Fonds der Steiermärkischen Sparkasse neben den entwickelten Märkten auch in diese Wachstumsmärkte.
TP
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