Lieferkettengesetz und CSRD fordern Unternehmen
03.06.2024
Das kürzlich verabschiedete Lieferkettengesetz und die CSRD-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive) zielen darauf ab, nachhaltiges Wirtschaften europaweit zu fördern. Diese Regularien beeinflussen nicht nur Großunternehmen, sondern indirekt auch zahlreiche KMU. Banken spielen eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung, da Nachhaltigkeit nun ein wesentlicher Bestandteil der Kreditanalyse ist. Unternehmen sollten sich rechtzeitig auf die umfassenden Berichtspflichten vorbereiten, um den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.
Als Europas „Man-on-the-moon-moment“ hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den europäischen Green Deal vorgestellt, der die Staatengemeinschaft bis 2050 klimaneutral werden lassen soll. Bis dahin kommt auch auf Unternehmen eine Fülle von Regularien und Verordnungen zu, um diese Ziele auch tatsächlich zu erreichen.
Das betrifft unter anderem auch das Lieferkettengesetz, das nach langem hin und her und diversen Anpassungen am 24. Mai endgültig beschlossen wurde. Mit dem verabschiedeten EU-Lieferkettengesetz, einer EU-Richtlinie,
Viele der heimischen KMU sind nicht direkt von dem Lieferkettengesetz betroffen, häufig jedoch indirekt als Zulieferer zu anderen berichtspflichtigen Unternehmen. Bild: ©adobestock
haben die Mitgliedsstaaten nun zwei Jahre Zeit, diese Regelung in nationales Recht umzusetzen.
Der Anwendungsbereich der Richtlinie wurde in der letzten Version allerdings deutlich eingeschränkt: Sah die Einigung zwischen den EU-Staaten und dem EU-Parlament noch vor, dass die Richtlinie für Unternehmen ab 500 Mitarbeiter:innen und 150 Mio. Euro Jahresumsatz gelten soll, wurde der Rahmen stark aufgeweicht: Sie gilt jetzt nur noch ab 1.000 Mitarbeiter:innen und 450 Mio. Euro Umsatz pro Jahr.
Obwohl das für die 99 Prozent der heimischen KMU bedeutet, dass sie davon nicht direkt betroffen sind, sind sie es häufig indirekt. Denn wie der Name schon sagt, müssen Unternehmen sicherstellen, dass die gesamte Lieferkette die Nachhaltigkeitskriterien erfüllt und das betrifft dann Unternehmen aller Größen.
Nachhaltigkeitsberichterstattung sukzessive wichtiger
Die Relevanz der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Bei Kund:innen und Investor:innen wächst laufend das Interesse an nachhaltigen Unternehmen und Produkten. Für die Unternehmer:innen ist ein auf Image ausgerichtetes Engagement frei nach dem Motto „Tu Gutes und rede darüber“ im Bereich Nachhaltigkeitsberichterstattung lange nicht mehr ausreichend. Dafür hat schon die CSRD-Richtlinie gesorgt, die am 5. Januar 2023 in Kraft getreten ist und bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht umzusetzen ist. Die Richtlinie modernisiert und verschärft die Regeln für die sozialen und ökologischen Informationen, die Unternehmen berichten müssen. Ein breiterer Kreis von Unternehmen sind nun verpflichtet, über Nachhaltigkeit Auskunft zu geben. Betroffen hiervon sind auch nicht börsennotierte Unternehmen die zwei von drei Kriterien erfüllen:
- mehr als 250 Mitarbeiter:innen
- mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz
- mehr als 25 Millionen Euro Bilanzsumme
Hierunter fallen somit auch eine Menge KMU in Österreich.
Die neuen Vorschriften sollen sicherstellen, dass Investoren und andere Interessengruppen Zugang zu den Informationen haben, die sie benötigen, um die Auswirkungen von Unternehmen auf Menschen und Umwelt zu beurteilen und um finanzielle Risiken und Chancen zu bewerten, die sich aus dem Klimawandel und anderen Nachhaltigkeitsthemen ergeben. Schließlich werden die Kosten der Berichterstattung für die Unternehmen mittel- bis langfristig durch die Harmonisierung der zu liefernden Informationen gesenkt. Die ersten Unternehmen werden die neuen Regeln erstmals im Geschäftsjahr 2024 für Berichte anwenden müssen, die im Jahr 2025 veröffentlicht werden. Die Richtlinie verlangt auch eine Prüfung der von den Unternehmen gemeldeten Nachhaltigkeitsinformationen und sieht eine digitale Taxonomie zur elektronischen Einreichung der Nachhaltigkeitsinformationen beim Firmenbuch vor.
Banken werden zu Nachhaltigkeitsberatern
Heimische Unternehmen sind gut beraten, sich hier beraten zu lassen, denn Nachhaltigkeit ist inzwischen auch ein elementarer Teil der Kreditanalyse von Banken. Um sich auf die Einhaltung der diversen Regelwerke vorzubereiten, ist eine gründliche Analyse der aktuellen Geschäftspraktiken und der bestehenden Lieferkettenstruktur unerlässlich. Hier kommen die Kundenbetreuer:innen und Spezialist:innen der Banken ins Spiel. Sie sind auch deshalb profunde Kenner:innen der Berichtspflichten, weil diese für Banken schon viel länger gelten als für alle anderen Unternehmen. Bereits seit 2021 müssen Finanzinstitute die sogenannten ESG-Risiken, also Risiken in den Bereichen Environment (Umwelt), Social (Soziales) oder Governance (Unternehmensführung) bei der Bewertung beachten.
Die größte Umstellung wird wohl die Kleinunternehmer:innen treffen, da sie weder die personellen Ressourcen im Haus haben, um die Nachhaltigkeitsberichterstattung selbst durchführen zu können, noch sich das Know-How aufbauen konnten, wie es Banken getan haben, weil sie es bisher schlicht und einfach nicht gebraucht haben. Selbst wenn es also keinen unmittelbaren Grund wie einen Kreditantrag gibt, sollten Unternehmen aller Größe und Branchen in Kontakt mit ihrer Hausbank treten, um sich beraten zu lassen, welche Daten sie in Zukunft bereitstellen müssen, um ihrer Berichtspflicht nachzukommen.