
Michael glaubt an die Stärke von diversen Teams
Michael Pillwein ist im Group People Development der Erste Group tätig, mit Fokus auf Teamentwicklung und Talentprogramme. Seine Karriere begann in der Hotellerie, wo er auch zur Personalentwicklung fand. Nach Stationen bei der ÖBB und einem Startup wechselte er 2023 zur Erste Group. Der Wiener hat Abschlüsse in Tourismus, Soziologie sowie Personal- und Organisationsentwicklung. In seiner Freizeit kocht und reist er gerne – besonders nach Italien und Griechenland.
Lieber Michael, woher kommst du?
Ich komme aus Wien. Ich lebe im 8. Bezirk, in der Josefstadt. Ich glaube, ich führe ein eher biederes Leben (lacht).
Seit eineinhalb Jahren arbeite ich in der Erste Group. Anfangs war das etwas überwältigend, weil ich vorher nur in kleineren Unternehmen tätig war. Ich musste erstmal lernen, mit dieser Komplexität umzugehen. Jetzt gefällt es mir sehr gut.
Wie hilft man Teams Diversity zu leben?
Ich arbeite viel im Bereich Facilitation und gebe Workshops zum Thema Teamentwicklung. Dabei geht es oft darum, wie verschiedene Persönlichkeiten im Team gut zusammenarbeiten können. Das ist besonders spannend für mich, weil es zeigt, wie man Diversität im Team produktiv einsetzen kann. Ich glaube fest daran, dass Teams stärker sind, wenn sie divers sind.
Was bedeutet Diversität im Unternehmen für Dich?
Diversität ist nicht nur ein gesellschaftlicher Mehrwert, sondern vor allem ein wirtschaftlicher Vorteil. Unternehmen sind innovativer und robuster, wenn sie vielfältige Teams haben. Diversität sollte also als strategische Investition gesehen werden, nicht als Ausgabe.
Besonders jetzt, wo es teilweise Rückschritte in Sachen Diversität gibt, merkt man, dass dies nicht nur gesellschaftlich, sondern eben auch wirtschaftlich schädlich ist.
Ist das Thema Sichtbarkeit für dich als queerer Mensch wichtig?
Für mich persönlich war es lange nicht üblich, mich aktiv hinzustellen und zu sagen: "Hey, ich bin queer." Wichtig war für mich eher, dass ich es nicht verheimlichen musste. Ich sehe mich nicht unbedingt als schillernde Persönlichkeit, die ständig im Rampenlicht steht. Aber genau deshalb finde ich es wichtig, dass jemand wie ich sichtbar ist und sagt: „Es ist völlig okay, queer zu sein.“ Diese Sichtbarkeit hilft anderen Menschen, sich ebenfalls zu öffnen und authentisch zu leben.
Du hast das Stichwort „authentisch leben“ genannt – warum spielt das am Arbeitsplatz so eine wichtige Rolle?
Ich finde es wichtig, dass man sich am Arbeitsplatz nicht verstellen muss. Frederic Laloux spricht vom Konzept „Bring your whole self to work“, und ich finde das enorm wichtig. Studien belegen, dass Teams besser funktionieren, wenn Vertrauen herrscht und man sich nicht verstecken muss. Beispielsweise das einfache Gespräch am Montagmorgen über das Wochenende sollte ohne Angst geführt werden können, egal mit wem man unterwegs war.
Es kostet wahnsinnig viel Energie, ständig eine Fassade aufrechtzuerhalten. Diese Energie könnte viel besser in die Arbeit, in Innovation und neue Ideen fließen. Unternehmen profitieren also enorm, wenn Mitarbeiter:innen ihre Persönlichkeit zeigen dürfen.
Gibt es für dich auch Schwierigkeiten, wenn du dich als queerer Mensch offen zeigst?
Ja, durchaus. Manchmal besteht das Risiko, dass man dann hauptsächlich als „der queere Mensch“ gesehen wird und nicht mehr als der Experte, der einen guten Workshop leitet. Es ist schwer, diesen Stempel wieder loszuwerden, wenn man ihn einmal bekommen hat. Daher wäre es gut, wenn mehr und mehr Menschen sichtbar sind, sodass Queerness kein außergewöhnliches Thema mehr ist.
Hast du persönliche Erfahrungen oder Situationen, die dir da besonders im Gedächtnis geblieben sind?
Ja, wenn ich Workshops leite und persönliche Beispiele bringe, etwa über meine Schwiegerfamilie oder Wochenendaktivitäten, muss ich mich manchmal zurückhalten. Nicht, weil ich Angst hätte, aber weil ich nicht möchte, dass der Fokus vom eigentlichen Workshop-Inhalt weggeht und auf meine Queerness gelenkt wird. Ich arbeite zwar in einem sehr offenen Unternehmen und bin mit mir selbst im Reinen, aber ich stelle mir dennoch die Frage: Soll ich es explizit ansprechen oder nicht? Das ist immer wieder ein Balanceakt.
Und wo gehst du hin?
Beruflich fühle ich mich gerade sehr wohl und möchte mich noch weiterbilden, besonders im Bereich Facilitation. Ich mag es, mich weiterzuentwickeln und Neues zu lernen.
Privat denke ich ab und zu an Familienplanung und Kinder. Aber das dauert bestimmt noch ein bisschen. Mal schauen, was die Zukunft bringt.
Vielen Dank lieber Michael für das Interview.