„Meine Oma riet mir schon: Mädchen, habe ein eigenes Bankkonto und verdiene so viel Geld, dass du unabhängig bist.“

Guten Tag, Frau Höller! Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um mit unseren Leser:innen des she invests Newsletters über Geld zu sprechen. Wie würden Sie Ihre persönliche Beziehung zu Geld beschreiben? Wie hat sich diese im Laufe Ihrer vielseitigen Karriere entwickelt?

Meine Eltern sind Unternehmer und haben mir schon früh beigebracht, was es bedeutet, Geld zu verdienen. Sie sind zielstrebige und fleißige Menschen, so konnte ich mir von ihnen abschauen, dass Geldverdienen – es zu investieren, um es zu vermehren, und es wieder auszugeben – Freude macht. Als junge Frau wollte ich schon das Leben auskosten und plante eine Weltreise – dafür brauchte ich Geld. Neben der Schule hatte ich mehrere Jobs und sparte für meinen Traum, anstatt es für Partys oder Klamotten auszugeben. Bis heute mag ich es, mir im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu verdienen. Keine Schulden zu haben oder finanziell von jemandem abhängig zu sein, ist mir sehr wichtig, denn ich möchte frei und leicht durchs Leben gehen.   

Welche Herausforderungen sehen Sie speziell für Frauen in Bezug auf Finanzen und finanzielle Sicherheit? 

Ich sehe es nicht als Herausforderung, sondern als Verantwortung! Es ist noch nicht lange her, da mussten Frauen um Erlaubnis bitten, wenn sie ihr eigenes Geld verdienen wollten. Die meisten Frauen waren finanziell an jemanden gebunden und somit unfrei in ihren Entscheidungen. Starke Vorbilder haben für ihre Eigenständigkeit gekämpft. Und das ist auch gut so. Ich bin selbstständig, seitdem ich 18 Jahre alt bin, und sehe sofort auf meinem Bankkonto, wie fleißig ich arbeite. Ich trage die Verantwortung für meine finanzielle Lage. Das ist eine wichtige Entscheidung, die jede Frau für sich treffen sollte: selbst für ihr Einkommen zu sorgen, eine Übersicht über ihre Finanzen zu haben und diese auch selbst verwalten zu können. Die Verantwortung für die eigenen Finanzen zu tragen, gibt das Gefühl von Sicherheit. 

Wie haben die Herausforderungen und Risiken in Ihrer Karriere als Stuntfrau Ihre Perspektive auf Geld und finanzielle Sicherheit beeinflusst?

Als Stuntfrau war es mein Job, meine Grenzen so gut zu kennen und das Risiko so genau zu kalkulieren, dass ich gefährliche Situationen kontrollieren kann. Das kann ich genauso auf meine Finanzen beziehen. Ich bin sehr auf Sicherheit bedacht, daher gilt für mich: Safety first. Ich möchte immer ein Netz haben, in das ich im Notfall weich fallen kann – also einen guten finanziellen Puffer. Genau das brauchte ich bei meinen Tiefschlägen in 2016, als ich meine mentale und körperliche Gesundheit durch einen schweren Unfall verlor und lange Zeit nicht in der Lage war zu arbeiten. Konkret gesprochen halte ich mich an ganz einfache Regeln: Passe flexibel deinen Lebensstil an deine Finanzen an. Leiste dir nichts, was du dir nicht leisten kannst. 

Sie haben in einer stark von Männern dominierten Branche gearbeitet. Wie haben Sie Geschlechterstereotype überwunden und was würden Sie anderen Frauen empfehlen, die in ähnlichen Umgebungen arbeiten?

Welches Geschlecht jemand hat, ist mir egal, denn es geht darum, Talente, Wissen und Erfahrungen zusammenzubringen, um als Team Außerordentliches leisten zu können. Die Freude kommt genau dann, wenn die Stärken jedes Einzelnen erkannt und richtig eingesetzt wurden und so Ziele erreicht werden konnten. Wir sind mit Leichtigkeit erfolgreich, wenn wir ein gutes Bewusstsein für uns selbst haben, wir strahlen Souveränität aus, und das ganz unabhängig von unserem Geschlecht. 

Inwieweit sind Sie in Ihrer Branche mit dem „Gender Pay Gap“ konfrontiert worden und welche Strategien glauben Sie, könnten dabei helfen, diese Lücke zu schließen?

Es ist unfassbar für mich, dass bis heute Frauen bei gleichem Leistungsumfang immer noch weniger verdienen als Männer. Das ist einer der Gründe, warum ich bis heute selbstständig bin. Ich wollte schon als Stuntfrau anhand meiner Leistungen gemessen und honoriert werden, das ist bis heute als Speakerin ebenso. Honorare sollten völlig unabhängig vom Geschlecht definiert werden. Die Gleichberechtigung sollte eine Selbstverständlichkeit sein und deswegen ist es wichtig, dass wir Frauen weiter für dieses Recht einstehen und kämpfen. 

Sprechen Sie offen über Geld? 

In meinem Umfeld gibt es viele erfolgreiche Selbstständige und Unternehmer. Wir sprechen offen beispielsweise über Investitionen. Oft erlebe ich jedoch, dass das Thema Geld negativ behaftet ist. «Darüber spricht man nicht», heißt es noch immer. Das ist schade, denn es geht nicht darum, wer was verdient oder wer was auf dem Konto hat, sondern vielmehr um den klugen Umgang mit seinem Vermögen – vor allem in unbestimmten Zeiten. 

Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach für Frauen, ihre eigene Finanzstrategie zu haben, besonders in einer Partnerschaft? 

Meine Oma riet mir schon in jungen Jahren: Mädchen, habe ein eigenes Bankkonto und verdiene so viel Geld, dass du unabhängig bist. Ich gehöre zu der Generation, in der Hollywoodfilme meine Sicht auf Sicherheit verblendet haben. Der Mann auf dem weißen Pferd… Ich bin für ein vertrauensvolles Miteinander und gute Kommunikation in einer Partnerschaft. Es ist wunderschön, sich gemeinsam etwas aufzubauen. Nur: Im ersten Schritt beginnt die Klarheit und Sicherheit bei einem selbst. Das Gefühl, eigenständig, finanziell unabhängig und somit in der Lage zu sein, frei agieren zu können, ist unbezahlbar. Mein konkreter Tipp für einen selbst und in Partnerschaften: Ein Daily-Business-Bankkonto für alle gemeinsamen Kosten, wie Wohnung, Essen und andere Dinge. Ein Sicherheits-Bankkonto für schlechte Phasen, wie Reparaturen, Krankheit, etc. Und jeweils ein Private-Bankkonto für persönliche Ausgaben, mit dem jeder seine Individualität behält.  

Welche Wünsche und Hoffnungen haben Sie für die zukünftige Generation von Frauen in Bezug auf finanzielle Unabhängigkeit und Bildung?

Ich hoffe, dass Frauen sich nicht darauf verlassen, von jemandem gerettet zu werden. Sie sollten selbst Verantwortung übernehmen, indem sie sich zum Thema Finanzen weiterbilden, um in Zukunft für ihre Unabhängigkeit kluge Entscheidungen treffen zu können. 

Abschließend: Könnten Sie einige „Money-Tipps“ teilen, die Sie anderen Frauen empfehlen würden?

Investiere in dich! Die besten Investitionen sind Reisen, in denen du Demut lernst und den Luxus unserer mitteleuropäischen Länder wieder zu schätzen weißt. Reisen bringen kostbare Erfahrungen. Auch Seminare zu Themen wie Persönlichkeitsentwicklung, Finanzen oder Business. Dein Wissen kann dir nie wieder jemand nehmen. 

Investiere dein Geld nur, wenn du wirklich gute Kenntnisse beispielsweise über Aktien, Immobilien oder Oldtimer hast. Behalte die Kontrolle. Stresse dich nicht mit jahrzehntelangen Verpflichtungen. Schraube lieber deinen Lebensstil runter und «reise leicht». 

Vielen Dank!