Kommunalmesse 2025: Gemeinden im Spannungsfeld von Budgetdruck und Digitalisierung
17.09.2025
Die Kommunalmesse 2025 in Klagenfurt steht im Zeichen des Wandels: Digitalisierung, neue regulatorische Anforderungen und steigende Erwartungen der Bürger:innen stellen Gemeinden und Städte vor komplexe Herausforderungen. Christoph Mühlbacher-Blum, Head of Public Sector & Non Profit Organisations der Erste Bank, im Gespräch über die aktuelle Lage der Gemeinden und warum Kooperationen und Digitalisierung entscheidend für ihre Zukunftsfähigkeit sind.
Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche und digitale Lage der österreichischen Gemeinden angesichts des angespannten konjunkturellen Umfelds?
Wirtschaftlich stehen die Gemeinden vor klaren Herausforderungen. Geringeres Wirtschaftswachstum führt zu niedrigeren Steuereinnahmen, was die Budgets bei gleichbleibenden oder steigenden Ausgaben schrumpfen lässt. Die Gemeinden müssen neu priorisieren, wo sie investieren können und was derzeit zurückgestellt werden muss. Die besondere Herausforderung liegt darin, dass in den Gemeinden alles zusammenkommt, was unser tägliches Leben betrifft: von der Kinderbetreuung über Schulen und Infrastruktur bis hin zu sozialem Leben, Pflege und Gesundheit.
"In den Gemeinden kommt alles zusammen, was unser tägliches Leben betrifft," Christoph Mühlbacher-Blum.
Welche Lösungsansätze sehen Sie, und welche Rolle kann die Digitalisierung dabei spielen?
Eine große Chance sehe ich in stärkeren Kooperationen zwischen Gemeinden, wo dies noch nicht der Fall ist, beispielsweise bei Betreuungs- oder Infrastrukturleistungen. Auch Verwaltungsmodernisierung und Digitalisierung stehen auf dem Prüfstand. Die Gemeinden sind jedoch nur ein Teil des Gesamtstaates. Notwendig sind umfassende Reformen auf Bundesebene, etwa bei der Verwaltungsvereinfachung und den Sozialstrukturen. Investitionen, die eine Gesamtdigitalisierung vorantreiben, wie die ID Austria, wo wir in Europa sogar eine Vorreiterrolle einnehmen, können Gemeindeverwaltungen entlasten und als Basis dienen. Die Digitalisierung in den Gemeinden wird stark von den Bürger:innen vorangetrieben, die moderne E-Government-Lösungen auf ihren Smartphones erwarten.
Welche wirtschaftliche Bedeutung haben die Gemeinden als Auftraggeber und Partner für die regionale Wirtschaft?
In der Region existiert ein natürliches Zusammenleben und Voneinander-Profitieren. Bei großen, langfristigen Investitionszyklen wie im Straßenbau, bei der Kanalisation oder beim Breitbandausbau ist die öffentliche Hand ein unverzichtbarer Auftraggeber, der die Basisinfrastruktur sichert. Darüber hinaus sehe ich die Hauptverantwortung der Gemeinden darin, den Unternehmer:innen das Wirtschaften so einfach wie möglich zu machen. Gleichzeitig müssen sie die Balance wahren, um den Lebensraum für alle Bürger:innen attraktiv, gesund und lebenswert zu gestalten. Diese Balance zwischen Wirtschaftsraum und Lebensraum zu halten, ist eine enorme Herausforderung. Ich habe größten Respekt vor allen, die in den Gemeinden – ob als Bürgermeister, Amtsleiter oder Gemeinderat – diese Verantwortung haupt- oder ehrenamtlich tragen.
Können Kooperationen helfen, die wirtschaftlichen Herausforderungen abzufedern?
Ja. Interkommunale Zusammenarbeit ist ein zentraler Hebel. Wenn Gemeinden bei Infrastruktur oder Betreuungseinrichtungen gemeinsam investieren oder Beschaffungen bündeln, entstehen spürbare Effizienzgewinne. Viele Beispiele zeigen, dass Kooperationen helfen, Leistungen aufrechtzuerhalten und Verwaltungskosten zu reduzieren.
Fiskalische Regulierungen, wie die Schuldenbremse, haben oft weitreichende Auswirkungen. Spüren die Gemeinden deren Einfluss auf ihre Investitionstätigkeit?
Ja, absolut. Wir haben Schuldenbremsen, und die Einigung zwischen Gemeinden, Ländern und Bund auf einen Verschuldungspfad begrenzt die Möglichkeiten für neue Verschuldung oder Defizite im Bruttoinlandsprodukt. Innerhalb dieser Grenzen müssen Gemeinden ihre Investitionen tätigen, was automatisch zu Abwägungen und Verschiebungen von Projekten führt. Fiskalpolitische Maßnahmen haben einen direkten Einfluss, da Gemeinden stark von den sogenannten Ertragsanteilen, der Verteilung der Steuereinnahmen, leben. Weniger Steuereinnahmen oder eine Steuerreform mit geringeren Steuern bedeuten weniger Mittel für die Gemeinden. Auch neue Gesetzesvorgaben, wie zum Beispiel eine Kindergartenpflicht, wirken sich unmittelbar auf das Gemeindebudget aus, ohne dass dafür zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.
Die Erste Bank & Sparkassen sind ein fester Bestandteil der Kommunalmesse. Welches zentrale Anliegen verfolgen Sie mit Ihrer Präsenz und den dort präsentierten Angeboten für die Besucher?
Unser Engagement auf der Kommunalmesse hat tiefe historische Wurzeln. Erste Bank und Sparkassen waren schon immer, nicht zuletzt wegen der vielen Gemeinde- und Stadtsparkassen, intensiv in der Region und in deren Entwicklung verankert und engagiert. Dies ist eine Kernaufgabe unserer Gruppe, die wir mit Leidenschaft und vollem Elan leben. Wir sehen uns als Unterstützerin und Partnerin dieser wichtigsten Ebene des Zusammenlebens in Österreich, nämlich der Gemeinden und Städte.
Warum sollten Unternehmen die Kommunalmesse besuchen und dort Partnerschaften suchen?
Die Messe bietet Unternehmen eine hervorragende Gelegenheit, einen guten Einblick zu bekommen, was sich in den direkten Lebensräumen tut und welche Investitionen Vorrang haben. Es ist eine ideale Plattform, um Innovationen, Produktverbesserungen und Modernisierungen den Gemeinde-Vertreter:innen zu präsentieren. Die Messe ist der optimale Boden, um erfolgreiche und langfristige Partnerschaften zwischen Unternehmen und Gemeinden zu initiieren und auszubauen. Wir als Bank unterstützen dies intensiv, indem wir – in Wahrung des Bankgeheimnisses – durchaus Kunden und Partner zusammenführen.
Kommunalmesse 2025
Österreichs größte Fachmesse für die Top-Entscheidungsträger aus Österreichs Gemeinden findet vom 2. - 3. Oktober 2025 in Klagenfurt statt.
Weitere Informationen und die Möglichleit zur Anmeldung gibt es hier: diekommunalmesse.at