Interview mit Ruth Williams, Generalsekretärin beim Verband für gemeinnütziges Stiften

© Lucia Czernin

Ich konnte mir im Zuge vieler verschiedener Aufgaben eine große Menge an praktischem Fachwissen aneignen. Dazu gehörte auch der Aufbau und die Umsetzung österreichischer und internationaler Partnerschaften mit Unternehmen und Förderstiftungen (REWE, Erste Group etc.) Außerdem war ich maßgeblich in die Gründung der Caritas Österreich Stiftung im Jahr 2015 involviert.

Warum findet Google über eine erfolgreiche Persönlichkeit wie dich nichts?

Anscheinend passe ich auf, welchen Fußabdruck ich im Netz hinterlasse. (Ruth lacht)

Seit Juli 2018 bist du Generalsekretärin beim Verband für gemeinnütziges Stiften?

Genau. Seit Juli 2018 habe ich die Freude, den Verband für gemeinnütziges Stiften zu leiten. Meine Motivation, von der Caritas zum Verband zu wechseln, war die Annäherung an das Thema Philanthropie von der Metaebene und gleichzeitig der Wunsch, gemeinsam mit anderen Akteuren an den Rahmenbedingungen für gemeinnützig aktive Stiftungen in Österreich zu rütteln.

Es gab 2015 die Novellierung des Bundesstiftungs- und Fondsgesetzes. Was ist aus deiner Sicht notwendig, um das Potenzial weiter zu heben? Was ist zu tun, damit Stiften für Private Banking-KundInnen attraktiver wird?

Der philanthropische Sektor ist in Österreich prinzipiell sehr gut ausgebildet. Die Lösung sind meist ehrenamtliches Engagement und Vereinsgründungen, weil das bei uns eine gelernte und relativ unkomplizierte Angelegenheit ist. Dass man sein Engagement prinzipiell auch aus einer Stiftung heraus tun kann, muss mehr promotet werden. Von insgesamt rund 3100 österreichischen Privatstiftungen sind 265 gemeinnützig. Daneben sind auch noch ca. 320 gemeinnützige Bundesstiftungen und Fonds sowie zahlreiche Landes- und Kirchenstiftungen im Land registriert.

Es braucht hier viel Bewusstseinsbildung und Vorbilder. Weiters bedarf es mehr Rechtssicherheit und einheitlicher Information für interessierte GründerInnen in diesem Bereich. Gemeinnützige Stiftungen müssen weiter entbürokratisiert werden, es muss mehr Kooperation und Dialog, mehr Aufklärung geben. Mein Traum ist ein Gründungszentrum für Stiftungen mit Beratungsportfolio.

Was kann man tun, um die Rahmenbedingungen zu verbessern?

Zuallererst wäre ein besserer Überblick über den Sektor für alle Akteure, die darin arbeiten, hilfreich. Eine bessere Vernetzung würde dabei helfen, der Rechtsunsicherheit entgegen zu wirken und Kooperationen entstehen zu lassen. Durch passende Ausbildungsangebote, die sich speziell an gemeinnützig aktive Stiftungen, Philanthropen und zukünftige StifterInnen richten, könnte der Professionalisierung beigetragen werden.

GründerInnen und StifterInnen müssen prinzipiell mehr Unterstützung erfahren: Wie sind die Prozesse? Wie finde ich für mein Herzensanliegen das richtige Projekt oder Programm? Die behandelten Themen der Stiftungen sind oft Herzensthemen, die aus einer persönlichen Betroffenheit heraus entstehen. Des Weiteren bedarf es auch einer Beschäftigung mit dem Thema Wirkungsmessung. Hierbei behandelt man die Frage: Ist mein Engagement, und wie ich es umsetze sinnvoll?

Was treibt dich persönlich an?

Mich treibt an zu sehen, wie viele Menschen in Österreich bereits aus Stiftungen heraus gemeinnützig aktiv sind, und wenn diese auch über ihr Engagement sprechen und somit wiederum andere im wahrsten Sinne des Wortes mit guten Ideen „anstiften“. So entstehen weitere Inseln des Gelingens und diese will ich fördern.

Es ist ganz tief im Menschen verankert, gesellschaftlich beitragen zu wollen. Jede und jeder im Rahmen seiner eigenen Möglichkeiten. Wir haben zum Beispiel so viele Familienunternehmen in Österreich, die weit über CSR Strategien hinaus etwas an die Gemeinschaft zurückgeben wollen. Stiftungen sind hier eine nachhaltige Möglichkeit, weil sie auf die Ewigkeit ausgelegt und verpflichtet sind, der Ausrichtung der Gründungsurkunde und dem Stifterwillen zu folgen.

Wenn du einen Wunsch frei hättest …

... würde ich mir wünschen, dass zivilgesellschaftliches Engagement die Wertschätzung bekommt, die es verdient. Es wird von so vielen Menschen aus Überzeugung heraus so viel bewegt und die Anerkennung ist nicht da. Nicht nur, dass die Anerkennung fehlt, manchmal wird das Tun durch Reglements auch noch unnötig erschwert.

Unsere Welt verändert sich rasant. Wir stehen vor großen sozialen und ökologischen Herausforderungen. Es geht um Zusammenhalt und darum, dass es uns jetzt und weiterhin gutgeht. Manche können und wollen mehr dazu beitragen als andere. Ich glaube, dass sich die gesellschaftlichen Herausforderungen nur in Kooperationen lösen lassen, einer alleine wird es nicht schaffen.

Es braucht eine starke und innovativ denkende Zivilgesellschaft. Gemeinsam ist man stärker, im Zusammenschluss ist man erfolgreicher als aus der Position eines Einzelkämpfers. Das Verständnis füreinander und für unsere gesellschaftlichen Herausforderungen verbessert sich im Dialog und wenn man über Sektor-Grenzen hinweg denken kann.