“Meine Großmutter hat ein Unternehmen zu einer Zeit gegründet, in der Frauen in der Geschäftswelt kaum eine Rolle spielten.”

Frau van Duyvenbode, Sie sind 30 Jahre alt und erfolgreiche Unternehmerin. Können Sie uns von Ihren Anfängen erzählen? 

Birgit van Duyvenbode: Meine Wurzeln liegen in Ober­österreich, in einer Familie, die ein Säge­werk führte. Diese frühe Prägung gab mir bereits einen Einblick in die Unter­nehmens­welt. Doch ich wollte mehr von der Welt sehen und zog nach der Matura durch die Welt. Meine akade­mische Reise führte mich schließlich nach Wien, wo ich Inter­nationale BWL studierte. Während meines Studiums verbrachte ich unter anderem ein Semester in Indonesien – eine Erfahrung, die mein Leben ver­ändern sollte. Die Kon­frontation mit gravierenden Umwelt­problemen weckte in mir ein starkes Inter­esse für Nach­haltig­keit und Umwelt­schutz. Zurück in Wien vertiefte ich dieses Interesse durch ein Master­studium in Umwelt­technik und Inter­nationale Beziehungen.
 

Was war der entscheidende Moment, der Sie zur Unternehmensgründung bewegt hat?

Eigentlich hatte ich schon immer eine unternehmerische Ader, aber der konkrete Anstoß kam Anfang 2020. Ich erfuhr zufällig von einem alten Forschungsprojekt meines Vaters, das fast zwei Jahrzehnte zurücklag – es ging um die Entwicklung einer ökologischen Lärmschutzwand aus Schilf, Thermoholz und Lehm. Dieses umweltfreundliche Produkt, das ohne Chemikalien und problematische Dämmstoffe auskommt, weckte mein Interesse. Trotz der damaligen Skepsis gegenüber der Langlebigkeit ökologischer Produkte sah ich darin eine Chance, etwas zu verändern. Es war die Kombination aus familiärem Erbe und persönlichem Engagement für die Umwelt, die mich letztlich zur Gründung von REEDuce motivierte.

Sie haben REEDuce ins Leben gerufen, ein Start-up, das auf nachhaltige Lärmschutzwände spezialisiert ist. Erzählen Sie uns mehr darüber und über die Herausforderungen, die Sie zu bewältigen hatten.

Der Weg war nicht einfach. Trotz der offensichtlichen Vorteile und der positiven Testergebnisse einer Pilotstrecke an der A22 nahe Wien war der Markt 2008 noch nicht bereit für unsere ökologische Lösung. Die Skepsis war groß, die Hürden schienen unüberwindbar. Doch die Erkenntnis, dass dieses Produkt in Sachen Haltbarkeit und Umweltfreundlichkeit konkurrenzfähig war, ließ mich nicht los. Ich musste mich mit Lärmschutz auseinandersetzen, ein Gebiet, das mir bis dahin fremd war, und das Produkt neu entwickeln. Es war ein Lernprozess, gepaart mit dem Kampf gegen Vorurteile und Marktwiderstände.

Welche Herausforderungen haben Sie speziell als Frau in der Geschäftswelt erlebt und wie sind Sie damit umgegangen?

Als Frau in einer technisch geprägten Branche stößt man selbstverständlich auf die gängigen Vorurteile. Aber ich habe mich nicht einschüchtern lassen und meine Expertise unter Beweis gestellt. Wichtig ist, sich Wissen anzueignen, Vertrauen aufzubauen und sich nicht unterkriegen zu lassen.
 

Was würden Sie Frauen empfehlen, die den Sprung in die Selbstständigkeit wagen möchten?

Der wichtigste Rat, den ich geben kann, ist: Glaubt an euch und eure Ideen. Unternehmertum erfordert Mut, aber auch Ausdauer. Es ist eine Reise, die von Höhen und Tiefen geprägt ist – eine Achterbahn eben. Zweifel sind normal, aber sie dürfen euch nicht lähmen. Lasst euch von Rückschlägen nicht entmutigen, sondern nutzt sie als Ansporn, um noch stärker zurückzukommen. Networking und Weiterbildung sind ebenfalls entscheidend. Taucht ein in die Start-up-Welt, nehmt an Wettbewerben teil, vernetzt euch!

Sie sprechen von persönlichen Herausforderungen und Zweifeln. Wie haben Sie diese gemeistert und was hat Ihnen dabei geholfen?

Zweifel und Ängste waren ständige Begleiter auf meinem Weg. Besonders als Frau in der techniklastigen Welt des Lärmschutzes stieß ich oft auf Unverständnis und Vorurteile. Doch statt mich davon einschüchtern zu lassen, nutzte ich diese Herausforderungen. Darum auch für alle anderen Frauen: Traut euch! Frauen sollten sich mehr zutrauen und sich nicht von traditionellen Rollenbildern einschränken lassen. Wir können durch unternehmerisches Handeln nicht nur für uns selbst, sondern auch für die Gesellschaft einen positiven Beitrag leisten. Es geht darum, Chancen zu ergreifen und aktiv an der Gestaltung einer besseren Zukunft mitzuwirken.

Apropos nicht von traditionellen Rollen­bildern einschränken lassen: Ihr Werde­gang ist ebenso inspirierend wie vielschichtig – dabei haben Sie eine besondere Beziehung zu Ihrer Groß­mutter erwähnt. Können Sie uns mehr darüber erzählen, wie diese starke Frau Sie geprägt hat und welche Rolle sie auf Ihrem Weg als Unter­nehmerin gespielt hat?

Natürlich. Meine Groß­mutter war eine außer­gewöhnlich starke und unab­hängige Frau, deren Lebens­geschichte mich tief beeinflusst hat. Ich hatte immer geglaubt, dass mein Groß­vater das Sägewerk gegründet hat. Dabei habe ich erst kürzlich zufällig heraus­gefunden, dass das meine Groß­mutter war! Sie gründete das Säge­werk in einer Zeit, in der Frauen in der Geschäfts­welt kaum eine Rolle spielten, geschweige denn als Unter­nehmens­gründerinnen ange­sehen wurden. Sie war eine allein­erziehende Mutter von zwei kleinen Kindern, die in einer von Männern dominierten Branche nicht nur überlebte, sondern auch prosperierte. Ihre Entschlossen­heit, ihre Hart­näckigkeit und das uner­schütterliche Glauben an ihre Fähig­keiten haben mir vorgelebt, dass man mit Willens­kraft und Hingabe jede Hürde überwinden kann.

Ihre Geschichte gab mir Kraft in Zeiten des Zweifels und der Un­sicherheit. Als ich zufällig auf die Auf­zeichnungen und Chroniken des Säge­werks stieß, die sie akribisch über die Jahre geführt hatte, wurde mir klar, dass die Unternehmer­reise auch eine Reise des persön­lichen Wachstums und der Selbst­findung ist. Ihre Erfahrungen, ins­besondere die Heraus­forderungen und wie sie diese gemeistert hat, lehrten mich, dass Erfolg oft ein langer Weg ist, der Mut und Ausdauer erfordert. Dieses Erbe hat mich nicht nur inspiriert, meinen eigenen Weg als Unter­nehmerin zu gehen, sondern auch, das Prinzip der Nach­haltigkeit in den Mittel­punkt meiner Geschäfts­tätigkeit zu stellen.