07.07.2025
Präsentation Wohnstudie Vorarlberg 2025:
Die neue Bescheidenheit
v. l.: Mag. Martin Jäger, MBA, Sprecher der Vorarlberger Sparkassen und die s REAL Vorarlberg Geschäftsführer:innen Martina Hirsch und Christian Hagspiel
Wohnen hat im Ländle traditionell einen hohen Stellenwert. Und dafür muss man tief in die Tasche greifen: Die Vorarlberger:innen geben an, durchschnittlich 832 Euro pro Monat fürs Wohnen auszugeben. Das ist deutlich mehr als in allen anderen Bundesländern und nochmals 52 Euro mehr als noch 2023. „Dennoch fließt weiterhin nur rund ein Drittel (32 %) des Haushalts-Netto-Einkommens in die monatlichen Wohnkosten – ähnlich wie bereits im Jahr 2023 (33 %). Der Schluss liegt nahe, dass die hohen Lohn- und Gehaltsabschlüsse der letzten Jahre die allgemeine Preissteigerung abfedern konnten“, erklärt Martin Jäger, Sprecher der Vorarlberger Sparkassen. Im Rahmen einer Pressekonferenz präsentierte er heute – gemeinsam mit den s REAL Vorarlberg-Geschäftsführer:innen Martina Hirsch – die aktuelle INTEGRAL-Studie im Auftrag von Erste Bank und Sparkassen sowie s REAL.
Die Fakten
Für eine durchschnittliche Miete inklusive Betriebskosten muss man in Vorarlberg pro Quadratmeter 11,30 Euro berappen (Quelle: Statistik Austria, 2024). Nur in Salzburg und Tirol kommt mieten noch teurer. Martina Hirsch, Geschäftsführerin s REAL Vorarlberg fasst die Entwicklung zusammen: „Seit 2010 steigen die Immobilienpreise in Vorarlberg kontinuierlich an. Bedingt durch die Finanzkrise 2008 begannen viele Sicherheit in wertbeständigen Immobilien zu suchen. Der an sich schon durch die Topografie Vorarlbergs begrenzt verfügbare Wohnraum wurde dadurch noch knapper. Dass gleichzeitig auch noch die Europäische Zentralbank eine lange Niedrigzinsperiode zur Wirtschaftsbelebung einläutete, führte zu einem nie dagewesenen Nachfrageboom. Ein Preisanstieg war die logische Folge.“ So hat sich der Durchschnittspreis gebrauchter Eigentumswohnungen zwischen 2016 und 2024 um 60 Prozent, der von Neubauwohnungen sogar um 73 Prozent verteuert (Quelle: Immounited). Mietwohnungen wurden deshalb im selben Zeitraum attraktiver, aber auch um ein Viertel teurer. „Im Jahr 2024 konnten wir am Gebrauchtmarkt allerdings einen leichten Preisrückgang beobachten. 2025 steigen die Preise bis jetzt wieder,“ ergänzt die Immobilienmarktexpertin.
Mehr Miete – weniger Eigentum
Die „Schaffa, schaffa, Hüsle baua“-Mentalität prägt Vorarlberg immer noch deutlich. Mehr als zwei Drittel der Befragten (67 %) in Vorarlberg geben an, auf eine eigene Wohnimmobilie hinzuarbeiten. In Österreich trifft das durchschnittlich nur für die Hälfte (52 %) zu. Tatsächlich hat sich Vorarlberg in den letzten Jahren von einem Land der Eigentümer:innen immer mehr zu einem Land der Mieter:innen entwickelt. Lebten 2023 noch 64 Prozent der Befragten in den eigenen vier Wänden (2016: 67 %), sind es aktuell nur mehr etwas mehr als die Hälfte (54 %). „Der Anstieg der Immobilienpreise, die hohen Errichtungskosten aber auch das Ende der Nullzinsphase bremst momentan potenzielle Käufer:innen aus“, so Martin Jäger. „Gleichzeitig sind jetzt aber, anders als früher, auch deutlich attraktivere Mietobjekte auf dem Markt“, weiß die Immobilienmarktexpertin.
Auf die geänderten Rahmenbedingungen reagiert man im Ländle mit viel Pragmatismus und passt seine Wohnträume den neuen Gegebenheiten an: Nur mehr rund ein Viertel (23 %) gibt aktuell an, Hausbesitz anzustreben. 2023 waren das noch 34 Prozent. Hoch im Kurs stehen jetzt neuerdings Mietwohnungen (+7 PP) und Wohnungen gemeinnütziger Wohnbauträger (+8 PP).
Single-Haushalte im Vormarsch
Real haben die Befragten heute – im Vergleich zu 2016 – um 6 Quadratmeter weniger Wohnraum zur Verfügung. Parallel dazu rutscht auch die Haus- oder Wohnungsgröße in der Hitliste der wichtigsten Zufriedenheitsfaktoren deutlich ab (-11 PP). Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf die generell kleiner werdenden Familienverbände: Durchschnittlich wohnen in Vorarlberg nur mehr 2,3 Personen in einem Haushalt. 2023 waren das noch 2,5. Gleichzeitig macht die Anzahl der Single-Haushalte bereits 30 Prozent aus und ist damit fast genauso groß wie der Anteil der Familien und Kindern (36 %). Der Sprecher der Vorarlberger Sparkassen analysiert: “Die Abnahme der Wohnraum- beziehungsweise Haushaltsgrößen steht in Verbindung mit dem sozialen Wandel unserer Gesellschaft. Denn die Individualisierung geht einher mit der steigenden Bereitschaft, allein zu leben. Natürlich bedingt auch die demografische Entwicklung die Zunahme von Einpersonenhaushalten. Und dazu kommt, dass die hohen Wohnkosten häufig mit Flächenverzicht kompensiert werden.“
Nachhaltigkeit zahlt sich aus
Mehr als die Hälfte in Vorarlberg (52 %; +22 PP) sehen deshalb in den Wohnkosten größtes Verbesserungspotenzial. Insbesondere scheinen die hohen Heiz- und Energiekosten ein Umdenken eingeläutet zu haben. Martina Hirsch führt das auf den Öl- und Gaspreisschock in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg zurück: „Die Versorgungsunsicherheit und der plötzliche Preisanstieg scheinen vielen noch tief in den Knochen zu sitzen. Zwei Drittel (62 %) der Vorarlberger:innen wollen deshalb in Zukunft am liebsten nachhaltig heizen oder erneuerbare Energieformen benutzen. Denn das ist sicher und spart Geld.“ Jenes Drittel (33 %), das diesbezüglich bereits umgerüstet hat, zeigt sich entsprechend „sehr zufrieden“ damit (+11 PP).
Sparen für den Wohntraum
Am liebsten verwenden die Vorarlberger:innen Erspartes, um Wohneigentum anzuschaffen. Aktuell greifen nur 37 Prozent auf einen Kredit/ein Darlehen zurück. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Eine Mischung aus Eigenkapital und Kredit wird sicherlich die am leichtesten realisierbare Lösung für die meisten werden. Im Umfeld gerade wieder gesunkener Zinsen sind sich Martin Jäger und Martina Hirsch einig: „Die Rahmenbedingungen für die Anschaffung von Eigentum haben sich im Vergleich zu den letzten beiden Jahren verbessert! Jetzt ist ein guter Zeitpunkt zu kaufen!“.
Zur Umfrage:
Wohnstudie 2025 im Auftrag von Erste Bank und Sparkassen sowie s REAL: INTEGRAL hat 1.735 in Österreich lebende Personen (repräsentativ für die österreichische Bevölkerung zwischen 18 und 75 Jahren) mittels Online-Interviews zu ihrer aktuellen Wohnsituation sowie ihrer zukünftig gewünschten Art zu wohnen gefragt. Die Befragung fand von 10. bis 24. April 2025 statt.