Innsbruck, 24. Juli 2024
KMU-Studie 2024 Tirol
Mittelstand trotzt herausforderndem Umfeld
- 7 von 10 Tiroler KMU blicken optimistisch auf die nächsten 2-3 Jahre
- Regulatorik und Arbeitskräftemangel als zentrale Herausforderungen
- Knapp 2 von 10 Tiroler KMU nutzen Künstliche Intelligenz
99,8 Prozent der Unternehmen in Österreich sind kleine und mittlere Unternehmen, kurz KMU. Sie beschäftigen 66 Prozent der Arbeitnehmer:innen in Österreich und tragen mit 163 Milliarden Euro 57 Prozent zur marktorientierten Wertschöpfung bei[1]. Das aktuelle Wirtschaftsumfeld stellt die heimischen KMU allerdings vor zahlreiche Herausforderungen. Trotzdem blickt der überwiegende Teil von ihnen optimitisch in die Zukunft. Das zeigt eine repräsentative IMAS-Studie im Auftrag von Erste Bank und Sparkassen.
[1] KMU im Fokus 2023, Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft

Sieben von zehn (72 %) Tiroler Klein- und Mittelbetriebe blicken optimistisch in die Zukunft.
Bildnachweis: Erste Bank und Sparkasse, Abdruck honorarfrei
Sieben von zehn (72 %) Tiroler Klein- und Mittelbetriebe blicken optimistisch in die Zukunft. 2022 waren es noch 83 Prozent. Wenig überraschend, wie Patrick Götz, Vorstand der Tiroler Sparkasse, aus vielen Gesprächen mit heimischen Unternehmen weiß: „Die Unternehmen spüren die Nachwirkungen der Krisen der vergangenen Jahre. In Kombination mit dem Arbeitskräftemangel stellt das viele Betriebe vor Herausforderungen.“ Tatsächlich geben 57 Prozent der befragten Unternehmen an, dass das Marktumfeld für ihr Unternehmen in den vergangenen zwei bis drei Jahren schwieriger geworden sei. Als Hauptgründe werden Preissteigerungen, erhöhte Online-Konkurrenz und damit einhergehender Preisdruck sowie die schlechte Auftragslage genannt.
Ein weiterer Grund für das herausfordernd wahrgenommene Marktumfeld sind auch die gestiegenen Finanzierungskosten. In diesem Hinblick sieht Götz nach der ersten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juni weitere Besserung: „Wir erwarten – abhängig von der Inflationsentwicklung – weitere mögliche Zinssenkungen in diesem Jahr.“ Für 38 Prozent der Tiroler Klein- und Mittelbetriebe ist das Marktumfeld hingegen vergleichbar geblieben, fünf Prozent sehen eine positive Entwicklung.
Gut kapitalisiert für die Aufgaben von morgen
Mit Blick in die Zukunft gehen 85 Prozent der Tiroler KMUs davon aus, von steigenden regulatorischen Anforderungen und zunehmender Bürokratie betroffen zu sein. Drei Viertel sehen den Arbeitskräftemangel und 71 Prozent die Digitalisierung als herausfordernd in den nächsten zwei bis drei Jahren an. Rund zwei Drittel der heimischen Mittelständler:innen schätzen die Finanzierungskosten ihres Unternehmens und 57 Prozent den Weg zur CO2-Neutralität und die damit einhergehenden gesetzlichen Vorgaben als schwierige Aufgabe ein. „Wir begleiten aktuell sehr viele Unternehmen bei der Umsetzung von nachhaltigen Lösungen. Da geht es neben Finanzierungen auch um Förderungen und die Erfüllung von regulatorischen Auflagen. In diesem komplexen Gebiet haben wir eine sehr breite Expertise aufgebaut, die unseren Kund:innen zugutekommt“, so Götz weiter.
Trotz des abgekühlten Wirtschaftsumfelds und vielfältigen Herausforderungen bleiben die KMU dank ihrer guten Eigenkapitalausstattung resilient: „Viele Unternehmen konnten ihre Kapitalbasis nachhaltig stärken und stehen auf sehr gesunden Beinen. Das macht sie widerstandsfähiger und ermöglicht ihnen gezielt in ihre Zukunft zu investieren.“ Dies unterstreichen auch Daten der Creditreform aus dem Frühjahr 2023: Über die letzten zehn Jahre ist der Anteil der KMUs mit einem Eigenkapitalanteil von über 30 Prozent von 33 auf 39 Prozent gestiegen. Gleichzeitig ist die Zahl jener, die über weniger als 10 Prozent Eigenmittel verfügen von 22 auf 19 Prozent zurückgegangen.
Dauerbrenner Digitalisierung unverändert wichtig
Spätestens mit der Pandemie steht das Thema Digitalisierung auf der Prioritätenliste der heimischen Unternehmen weit oben. Das zeigen auch Trend-Zahlen aus der Vergangenheit: War Digitalisierung 2017 in Tirol noch für 77 Prozent wichtig, waren es 2022 84 Prozent. Die gestiegene Bedeutung lässt sich auch am hohen Digitalisierungsgrad vieler Unternehmen erkennen und auch in diesem Jahr liegt der Stellenwert der Digitalisierung mit 79 Prozent auf einem unverändert hohen Niveau. „Die Digitalisierung ist aus unseren Leben und den Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Die Pandemie war ein Katalysator für diese Entwicklung, die positiven Effekte überdauern diese aber langfristig und mit KI sind wir schon mitten im nächsten Megatrend“, so Götz. Ein Megatrend, den laut Umfrage schon 17 Prozent der Tiroler KMUs im Einsatz haben.
Tiroler Betriebe treiben grüne Transformation voran
Nachhaltigkeit und die grüne Transformation ihres Betriebs sind für drei Viertel der KMUs in Tirol „sehr“ oder „eher wichtig“ – insbesondere in den Bereichen Energie und Wertschöpfungskette. Den Umstieg auf alternative Energieformen hat fast ein Viertel der Tiroler Unternehmen (23 %) bereits abgeschlossen, bei jeweils circa einem weiteren Viertel ist er im Gange (22 %) oder in Planung (25 %). 15 Prozent der Unternehmen planen aktuell keinen Umstieg.
Ein Anstoß zum Umstieg war für sechs von zehn KMU in Tirol die Energiekrise. Bei 22 Prozent der Unternehmen haben sie das Umdenken „sehr“, bei 38 Prozent „etwas“ gefördert. „Natürlich waren die Preissteigerungen im Energiebereich ein Weckruf für viele Unternehmen“, so Götz weiter. Die Tatsache, dass sie allerdings für lediglich gut ein Fünftel der unmittelbar ausschlaggebende Grund zum Umdenken war, zeige, dass „viele Unternehmen sich schon länger aktiv mit dem Thema beschäftigen und die Notwendigkeit und das Potential früh erkannt haben.“
Zur Studie
Erste Bank und Sparkassen beauftragten das Meinungsforschungsinstitut IMAS mit der Durchführung einer Umfrage unter Österreichs Klein- und Mittelunternehmen. Die Studie wurde von 9. Jänner bis 16. Februar 2024 telefonisch mithilfe des CATI-Systems (Computer Assisted Telephone Interviewing) durchgeführt. Die Befragung ist repräsentativ für KMUs in Österreich. Befragt wurden in erster Linie Geschäftsführer:innen (ansonsten kaufmännische Direktor:innen oder Finanzchef:innen). Insgesamt wurden 900 Interviews mit KMUs (2 – 50 Millionen Euro Jahresumsatz) in ganz Österreich geführt, 100 Interviews je Bundesland.