"Was ist Reverse Factoring, Frau Mayer?"
06.03.2024
Christina Mayer ist Marktvorstand der Erste Group Intermarket, der Factoring Bank der Erste Group. Im Interview erklärt sie, was Reverse Factoring ist und welche Vorteile es bieten kann.
Was ist Reverse Factoring?
Reverse Factoring ist eine Finanzierungsform, bei der ein Unternehmen offene, bestätigte Rechnungen umgehend via einer Bank begleicht. Das Unternehmen bezahlt die Bank dann erst nach einer festgelegten Frist – dafür fällt eine Gebühr an. Abgewickelt wird das in unserem Fall bequem über eine neue Web-Plattform. Das Modell bietet für Käufer:in und Verkäufer:in Vorteile, im Kern geht es darum Cash zu optimieren. Häufig wird Reverse Factoring auch Confirming genannt, daher kommt auch der Name unseres Produkts: „ErsteConfirming“.
Wie unterscheidet sich Reverse Factoring von „normalem“ Factoring?
Christina Mayer, Vorstand Erste Group Intermarket: "Reverse Factoring optimiert Liquidität und ist eine klare Win-Win-Situation für Käufer:in und Lieferant:in."
Während bei Reverse Factoring die Käufer:in die Kund:in der Bank ist, ist es beim klassischen Factoring die Lieferant:in. Sie verkauft offene Forderungen gegenüber mehreren Abnehmer:innen an die Factoring Bank und erhält dafür liquide Mittel, die sofort im eigenen Produktionszyklus verwendet werden können. Weiters bietet Factoring Zusatznutzen wie die Übernahme des Ausfallsrisikos und ein Entkoppeln von der Zahlungsmoral der Abnehmer:innen.
Wie reagieren die Lieferant:innen auf Reverse Factoring?
Im Regelfall sehr gut, denn auch für sie gibt es klare Vorteile. Die Lieferant:innen erhalten die Zahlung schnell und müssen sich keine Gedanken über etwaige Zahlungsverzögerungen machen. In der Regel stärkt Reverse Factoring sogar die Geschäftsbeziehungen, da es eine klare Win-Win-Situation für Lieferant:in und Käufer:in ist.
Wann nutzen Unternehmen Reverse Factoring?
Meist sind es Unternehmen, die einen starken Fokus darauf haben ihr Umlaufvermögen zu optimieren. In der Regel sind es eher große Unternehmen. Während der negativen Zinsphase wollten viele Unternehmen so rasch wie möglich ihre Lieferant:innen bezahlen und haben sich oft Skontokonditionen herausverhandelt, die vereinbarten Zahlungsziele aber nicht verändert. Wir bieten auch eine Variante des Reverse Factorings an, die die Nutzung von Skonti-Vereinbarungen erlaubt.
Wie funktioniert die Reverse Factoring Plattform der Erste Group Intermarket?
Wir haben eine hauseigene Plattform für das ErsteConfirming Ende vergangenen Jahres gestartet. Es ist eine vollautomatisierte, webbasierte Plattform, bei der die Initiative von unseren Kund:innen – also der Käufer:in – ausgeht. Unsere Kund:innen bestätigen Einzel- oder Sammelrechnungen, deren Zahlung die Lieferant:innen dann abrufen können. Die Lieferant:in erhält die Zahlung umgehend, die Käufer:in kann ein verlängertes Zahlungsziel nutzen. Vertraglich braucht es nur einen Rahmenvertrag mit unserer Kund:in, aber nicht mit den Lieferant:innen. Das vereinfacht und beschleunigt die Abwicklung wesentlich.
Mit ErsteConfirming wickeln wir nun auch technisch alle Produkte entlang der Supply Chain unserer Kund:innen in house ab. Die Erste Group Intermarket ist der Produkt Hub für alle Supply-Chain-Finance-Produkte.
Bei so vielen Vorteilen, warum verwenden nicht alle Unternehmen Reverse Factoring?
Reverse Factoring ist nicht für jedes Unternehmen geeignet. Es gibt zwar keine Einschränkungen in Hinsicht auf Branchen, aber die Kundenbeziehung, die Umsatzgröße und das Geschäftsmodell sind entscheidend, ob sich das Produkt gut eignet. Zudem gibt es bestimmte Bonitätskriterien. Jedenfalls haben wir mit unserer eigenen Plattform mehrere Produktvarianten im Einsatz, so dass wir ein breiteres Spektrum an Lösungen anbieten können. Wir beraten interessierte Unternehmen jederzeit gerne zu den unterschiedlichen Möglichkeiten.
Mehr Informationen zu ErsteConfirming finden Sie auf der Website der Erste Group Intermarket.