Inflationsziel: Warum eigentlich zwei Prozent?
16.07.2024
Ein Inflationsziel von zwei Prozent heute Konsens unter den meisten Notenbanken. Es sorgt für Stabilität und Planungssicherheit. Doch wie kam es dazu?
1989 erreichte die Inflation in Neuseeland 7,6 Prozent. Um dem entgegenzuwirken, startet die Reserve Bank of New Zealand ein Experiment: Ein Inflationsziel von 0 bis 2 Prozent. Tatsächlich erreichte man 1991 die angestrebten zwei Prozent. In den kommenden Jahren übernahmen weitere Zentralbanken diesen Ansatz, zuerst Kanada und Australien, dann auch die Bank of England, die deutsche Bundesbank und schließlich die Federal Reserve.
Vorteile durch Planungssicherheit und Stabilität
Heute ist das Inflationsziel von zwei Prozent Konsens in den entwickelten Volkswirtschaften, und das aus guten Gründen, erklärt Gerald Walek vom Research-Team Major Markets der Erste Group: “Ein Inflationsziel hilft für die Zukunft zu planen. Ist die Inflation zu hoch oder schwankt stark, ist es für Unternehmen schwierig Preise festzulegen und für die Haushalte ihre Ausgaben zu planen. Auch Investitionsplanungen werden durch eine unberechenbare Inflation deutlich erschwert.” Eine Inflationsrate von zwei Prozent, so der Experte, sei niedrig genug, um die Vorteile der Preisstabilität voll zu
Gerald Walek, Major Markets and Credit Research: “Ein verlässliches Inflationsziel hilft Unternehmen und Haushalten für die Zukunft zu planen.”
nutzen und gäbe gleichzeitig Spielraum, um das Deflationsrisiko mittelfristig zu verringern. “Eine Sicherheitsmarge gegen Deflation ist wichtig, weil es Grenzen gibt, wie weit Zinssätze gesenkt werden können. Zwei Prozent ist die niedrigste Inflationsrate, bei der das Risiko, dass der Leitzins der Notenbanken an die untere Grenz stößt, noch akzeptabel ist.”
Tendenzen vom Zwei-Prozent-Ziel abzuweichen, gibt es aktuell nicht. “Die verlässliche Verfolgung eines stabilen Inflationsziel ist eine wichtige, vertrauensbildende Maßnahme für die Finanzmärkte und Unternehmen”, so Walek. Eine Ausnahme bilden allerdings aufstrebende Volkswirtschaften. Für sie ist, aufgrund des dynamischen Wachstums, die optimale Inflationsrate typischerweise höher, weshalb deren Zentralbanken meist andere Ziele verfolgen.
Insgesamt ist diese Arbeit der Zentralbank ein wichtiger Faktor für ein Funktionieren der Wirtschaft. “Die Notenbanken verleihen so dem gesamten Finanzsystem Stabilität. Diese Stabilität und eine stabile Währung erhöhen die Planungssicherheit bei Investitionen für Unternehmen und Haushalte. Die gewonnene Sicherheit minimiert Risikokosten und niedrigere Risikokosten regen ein höheres Wirtschaftswachstum an, wovon die gesamte Volkswirtschaft profitiert, erklärt Walek.
Inflation in Österreich und Euroraum sinkt wieder
Im Juni stand die Inflation im Euroraum bei 2,5 Prozent, also nahe dem angestrebten Ziel. “Wir prognostizieren für den Euroraum und Österreich über die kommenden Monate ein weiteres leichten Absinken der Inflation”, so Walek. Größter Unsicherheitsfaktor dabei ist die Inflation der Dienstleistungen, die im Juni noch bei 4,1 Prozent lag.
Mehr Relevantes und Wissenswerten zu den Themen Wirtschaft, Zinsen, Währungen, Aktien und Kreditmärkte lesen sie auf der Website von Erste Group Research: Erste Group Research - Finanzmarkt Analysen und Prognosen | Erste Group Bank AG