Wer hätte sich das jemals gedacht: Kleinanleger*innen zwingen einen Hedgefonds in die Knie. Selten war die berühmte Redewendung „David gegen Goliath“ – zumindest im Finanzkontext – treffender als bei der Reddit-Zockerei in den ersten Monaten des Jahres 2021. Sollten Anleger*innen noch auf den Casino-Zug aufspringen und hat das Ganze etwas mit Investieren und Vorsorgen zu tun?
Meme-Aktien: ein neues Aktiensegment
Reddit ist ein US-Internetforum, innerhalb dem sich User*innen zu zahlreichen Themen in diversen Sub-Foren austauschen. So auch im Finanzbereich. Zu besonderer Bekanntheit schaffte es heuer der Channel „r/wallstreetbets“, dessen User*innenanzahl sich in Windeseile auf mittlerweile über 10,5 Millionen hochschraubte. Allerlei Anleger*innen tummeln sich dort, um sich über verschiedenste Anlageformen, vor allem Aktien, auszutauschen. Wobei der Begriff „anlegen“ in diesem Zusammenhang wohl wenig zutreffend ist, da es in erster Linie ums Zocken geht und darum möglichst schnell möglichst viel Geld zu verdienen. Auch die Form des Austausches erfolgt größtenteils auf eine sehr spezielle Art und Weise. Der Unterhaltungswert der Konversationen ist dabei durchaus hoch, die Qualität bzw. der Informationsgehalt allerdings nicht unbedingt.
Die User*innen, bei denen es sich oftmals um eher unerfahrene Kleinanleger*innen handelt, versuchen sich anhand von sogenannten „Memes“ und Icons gegenseitig von gewissen Aktien zu überzeugen. Unter einem Meme kann man sich ein Bild von irgendwelchen Motiven aus dem täglichen Leben oder berühmten Persönlichkeiten vorstellen, die mit meist zynischen oder sarkastischen Botschaften garniert werden. Durch das gegenseitige Animieren bestimmte Aktien zu kaufen, wird versucht, die Kurse entsprechend in die Höhe zu treiben. Fundamentalzahlen oder gar Geschäftsberichte spielen dabei keine Rolle.
Man fokussiert sich vor allem auf Unternehmen mit bekannten Namen (z.B. den Retailer Gamestop oder die Kinokette AMC), zu deren Geschäftsmodellen offenbar eine emotionale Bindung besteht und die eine besonders hohe „Short-Quote“ aufweisen. Diese Unternehmen befinden sich meist in wirtschaftlicher Schieflage, weswegen institutionelle Anleger*innen (i.d.R. Hedgefonds) auf fallende Aktienkurse („Short gehen bzw. leerverkaufen“) setzen. Short Seller leihen sich Aktien, verkaufen diese, nur um sie nach einiger Zeit zu niedrigeren Kursen wieder zurückkaufen, um daraus Profit zu schlagen. Leerverkaufen ist legal und ein für den globalen Aktienmarkt durchaus wichtiges Element, da sie einerseits für hohe Liquidität bei Aktien sorgen und auch schwache oder gar betrügerische Geschäftsmodelle aufdecken können.
Main Street vs. Wall Street
Die Reddit-Armada sieht das jedenfalls anders und empfindet die Hedgefonds als eine Art Sinnbild für die böse Finanzelite, denen sie zu gerne eines auswischen würde. Konkreter: Die Kleinanleger*innen wollen auch ihren Teil vom Kuchen haben und dabei idealerweise den Hedgefonds etwas wegnehmen. Mit den von der US-Regierung gesponserten Covid-Unterstützungs-Checks und gratis Brokern à la Robinhood sind die Rahmenbedingungen dafür ideal. Ein Eldorado für Zocker*innen. Wenn nämlich die Kurse steigen, so müssen Short Seller ihre Positionen sukzessive liquidieren und die Aktien zurückkaufen, was die Kurssteigerungen befeuert. Wenn sich also viele Kleinanleger*innen zusammentun und mit viel (oft gehebeltem) Kapital auf steigende Kurse setzen, können dramatische Kursbewegungen bei bestimmten Titeln die Folge sein und ein Dominoeffekt entstehen.
Längst sind aber nicht nur unerfahrene Kleinanleger*innen auf Reddit, auch gestandene Trader*innen und Hedgefonds wissen um die Macht Bescheid und versuchen Profite zu erzielen. Das ging jüngst sogar so weit, dass ein Hedgefonds in finanzielle Schieflage kam und aufgefangen werden musste. Ein Etappensieg für die Reddit-Zocker*innen könnte man sagen. Frei nach Börsenlegende André Kostolany kann das Ganze meines Erachtens wie folgt beschrieben werden: „Wenn es um Geld geht, gibt`s nur ein Schlagwort: Mehr.“
Mitzocken oder auf der Seitenlinie bleiben?
Die ganze Thematik in seiner Gesamtheit aufzuarbeiten würde den Rahmen sprengen und wohl den Umfang eines oder mehrerer Bücher einnehmen. Fakt ist: Wenn man sich als Anleger*in bei den Meme-Aktien engagiert, muss einem klar sein, dass es sich dabei um pures Zocken handelt. Das hat nichts mit einer vernünftigen Anlagestrategie, geschweige denn mit persönlicher Vorsorge zu tun. Die Aktienkurse sind ein Spielball von zigtausenden Zockern und bewegen sich völlig losgelöst von fundamentalen Kennzahlen. Niemand weiß, wo die Kurse morgen oder nächste Woche stehen. Zahlreiche Aktienanalysten haben ihre Analysen bei diesen Aktien bis auf Weiteres ausgesetzt, da seriöse Einschätzungen unmöglich sind.
Natürlich kann mit dieser Casinomentalität viel Geld verdient werden - keine Frage. Man muss nur jemanden finden, der einem die Aktie teurer abkauft, als man selbst dafür bezahlt hat. Auf einer Party kann immer getanzt werden, so lange die Musik läuft. Es stellt sich nur die Frage, wie lange sie läuft und wer als letzter auf der Tanzfläche steht. Laut Michael Haupt, früherer Moderator des Reddit-Channels „r/wallstreetbets“ verlieren jeden Tag rund 90 Prozent der Anleger*innen Geld.
Stefan Gerstmayr, Sparkasse OÖ Kapitalanlagegesellschaft
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