Alter Wohnraum, neues Leben: Sanierung im gemeinnützigen Wohnbau
19.03.2024
Das österreichische Modell des gemeinnützigen Wohnbaus bildet einen Grundpfeiler des leistbaren Wohnens. Wir haben uns mit Gerald Ebner, dem Geschäftsführer des ÖVW, über die Organisation und Ablauf von Sanierungen im gemeinnützigen Wohnbau unterhalten.
Was sind die Unterschiede zwischen gemeinnützigem- und privatem/gewerblichem Wohnbau?
Bei Gemeinnützigen Wohnbauunternehmen steht der Nutzen der Gesellschaft an erster Stelle. Als Österreichisches Volkswohnungswerk (ÖVW) ist es unser Ziel, leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Wir unterliegen einem speziellen Bundesgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG). Dieses bestimmt, dass nur beschränkt Gewinne erzielt und diese wiederum in Wohnbaumaßnahmen investiert werden.
Gerald Ebner, Geschäftsführer des ÖVW
Ein weiterer Punkt ist das kostendeckende Wirtschaften. Das bedeutet z.B. im Neubau, dass rein die Herstellungskosten die Basis für die Miete bilden. Unser Fokus liegt auf leistbaren Mietwohnungen, welche wir mit unbefristeten Mietverträgen vermieten. Österreichweit liegen die Mieten im gemeinnützigen Wohnbau laut einer WIFO-Studie um 25% unter jenem gewerblicher Vermieter, womit unsere Branche eine preisregulierende Wirkung auch auf den gewerblichen Wohnbau hat.
Was sind die Herausforderungen von Sanierungen im gemeinnützigen Wohnbau?
Das gemeinnützige System hat seine Schönheiten, beinhaltet aber auch Einschränkungen. Der Mietanteil, der für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten vorgesehen ist, kann nur für das konkrete Haus/Objekt und auch nur dann verwendet werden, wenn ausreichend Mittel vorhanden sind. Natürlich müssen auftretende Schäden, wie z.B. eine bröckelnde Fassade, repariert werden. Aber planmäßig sanieren wir nur dann, wenn auch die Mittel beim Wohnhaus dafür vorhanden bzw. zukünftig gedeckt sind. Im Unterschied zu Privaten legen wir Fokus auf den Erhalt und Schutz der Bausubstanz sowie einer Verlängerung der Lebensdauer des Gebäudes. Wir möchten unsere Häuser so lange wie möglich nutzen, weshalb wir laufend investieren.
Mit welcher Nutzungsdauer wird pro Wohnung/Haus gerechnet und was wird gemacht um diese zu verlängern?
Wie bereits erwähnt, betrachten wir Sanierung als Schutz unserer Bausubstanz und als Verlängerung der Lebensdauer unserer Gebäude. Dadurch können wir diese möglichst lange im Bestand halten und vermieten. Wir haben eine Lebensdauer von etwa 100 Jahren für jedes Haus angenommen. Nach 40 Jahren ist der erste Lebenszyklus abgelaufen und es bedarf zumindest eines Fensteraustauschs. Unser Ziel ist es jedoch, nicht nur aktuelle Wohnstandards zu bieten, sondern auch zukünftige Entwicklungen zu berücksichtigen. Nach einer erfolgreichen Sanierung rechnen wir ungefähr alle 20 Jahre mit weiteren Arbeiten.
Welche Stufen der Sanierung haben Sie und wie werden diese durchgeführt?
Jährlich führt das ÖVW ungefähr 1-2 große Sanierungsprojekte und Einzelrenovierungen von circa 70 zurückgegebenen Wohnungen durch. Jedes Jahr werden rund 700 Wohnungen zurückgegeben. Nach einer Prüfung können die meisten Wohnungen gleich wiedervermietet werden. Bei einigen müssen lediglich Malerarbeiten oder kleine Verbesserungen durchgeführt werden. Rund 10 % der zurückgegebenen Wohnungen müssen nach langer Nutzungsdauer wieder instandgesetzt werden. Dies bedeutet oft eine Generalsanierung, um die Wohnungen auf den aktuellen Standard zu setzen oder sogar zu verbessern.
Welche Relevanz spielt Nachhaltigkeit bei Ihren Sanierungsprojekten?
Bei der Sanierung gesamter Wohnhäuser werden auch zukünftig notwendige Bauarbeiten in der Planung mitbedacht. Es hat sich bewährt, ein Sanierungsobjekt lieber umfassend zu betrachten, da oft bei laufenden Arbeiten mit geringerem Mehraufwand auch zukünftige Verbesserungen durchgeführt werden können. Ein Beispiel dazu: Bei einem Wohngebäude musste die Fassade aufgrund von Rissen repariert werden. Dabei wurde nicht nur die Reparatur geprüft, sondern auch die Mehrkosten für einen Vollwärmeschutz. Durch die bereits geplanten Bauarbeiten fielen die Mehrkosten geringer aus, als wenn der Vollwärmeschutz zu einem späteren Zeitpunkt angebracht worden wäre. Somit konnten wir zukünftige Investitionen mitbedenken und von einer Reparatur zur Verbesserung übergehen.
Welche nachhaltigen Sanierungsmaßnahmen stehen für Sie im Fokus?
In der Regel umfassen Sanierungsarbeiten die Außendämmung, den Austausch der Fenster, die Verbesserung von Anschlüssen und Beseitigung von Wärmebrücken sowie die Dacherneuerung und Erneuerung von Loggien/Geländer. Da wir die Sanierungen immer im bewohnten Zustand durchführen, ist eine gute Kommunikation und enge Abstimmung mit den Mieter:innen erforderlich. Unsere Mieter:innen profitieren jedoch zu 100 % von den Energieeinsparungen, da sie aus den geringeren Energiekosten den eigenen Nutzen ziehen können.
Bei Sanierungen achten wir nicht nur auf eine Reduzierung der Energieverluste, sondern auch auf einen höheren Wohnkomfort. Dabei bringen wir nicht nur die Haustechnik auf den neuesten Stand, sondern modernisieren auch das Außenbild des Hauses und berücksichtigen zukünftige Entwicklungen, wie z.B. die Klimaerwärmung und dadurch heißere Sommer.