„Prompting ist eine Schlüsselkompetenz für Unternehmer:innen“
13.03.2024
In Zeiten von Digitalisierung und Automatisierung wird das Thema Künstliche Intelligenz (KI) immer relevanter für Unternehmen jeder Größe. Erich Gstrein, Data Scientist Expert bei der Erste Digital, gibt im Interview einen Überblick über die Potenziale und Gefahren von KI.
Wie beurteilen Sie den aktuellen Trend rund um KI?
Ich finde es sehr gut, dass für KI jetzt ein hohes öffentliches Interesse besteht. An sich ist KI aber natürlich nichts komplett Neues. Bereits in den 1950er Jahren hat man die ersten Vorläufer gesehen und die moderne generative KI (GenAI) gibt es seit ungefähr 2014. Selbst Large Language Models (LLMs) – die Motoren hinter Chat-Bots wie ChatGPT – gibt es bereits seit 2018.
Warum ist KI dann jetzt erst in aller Munde?
Erich Gstrein, Data Scientist Expert
Der derzeitige Hype beruht auf zwei Dingen: (i) ChatGPT wurde mit einem Schlag der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, ein genialer Schachzug von OpenAI, und (ii) die Fähigkeiten von Large Language Models (LLMs) zur Texterstellung, -zusammenfassung und -übersetzung sind heutzutage wirklich beeindruckend und vor allem sehr hilfreich im Alltag.
Worauf sollte man bei der Nutzung von KI achten?
Ein wichtiger Aspekt bei der Verwendung von Künstlicher Intelligenz ist die Evaluierung der erzeugten Ergebnisse – dies trifft im Besonderen auf generative KI zu. Diese Systeme haben kein Weltverständnis im eigentlichen Sinn, sondern generieren Inhalte basierend auf statistischen Modellen, auch genannt „Next-Best-Word-Generation“. Bei der Verwendung von KI-Services – wie z.B. ChatGPT – durch die Endanwender:in sollte man also Sorgfalt walten lassen und sowohl auf eine präzise Formulierung der Anfrage, dem Prompt, als auch auf eine sorgfältige und kritische Überprüfung des Resultats achten.
In welchen Business-Bereichen ist es sinnvoll KI einzusetzen?
Es gibt eine sehr breite Palette möglicher Einsatzgebiete von KI. Momentan bieten sich vor allem die Funktionen an, die Muster in großen Datenmengen finden oder, wie im Falle von GenAI, textuelle Aufgabenstellungen lösen. So profitierte speziell das Gebiet der ChatBots massiv von GenAI und ermöglichte die Erstellung
von „Conversational Agents“, mit denen eine Konversation geführt werden kann. Aber auch hier muss man sicherstellen, dass diese auf die richtigen Daten zugreifen. Die Erste Bank hat mit dem „Financial Health Prototype“ im Herbst 2023 einen textbasierten Chatbot präsentiert, der natürliche Sprache nutzt. Als Basis dienen 200 Jahre Finanzwissen der Erste Bank, das mit KI-Technologie zugänglich gemacht wird. Die Dokumente sind dabei in einem geschlossenen System, auf das das Large-Language-Model zugreift.
KI kann aber auch sehr unterstützend bei monoton Tätigkeiten eingesetzt werden. Eine davon ist die Erstellung von Vorschlägen oder Zusammenfassungen von Texten. Das lässt sich jetzt sehr gut mit den Sprachmodellen umsetzen. Weitere Themen sind etwa Ideation, also Ideenfindung, Sprache verstehen und daraus eine Zusammenfassung erstellen oder auch Softwareentwicklung. Letzteres Thema – Softwareerstellung bzw. Programmierung – wird massiv von LLMs profitieren!
Worauf sollten Unternehmer:innen achten, wenn sie in ihrem eigenen Betrieb eine KI-Lösung einsetzen wollen?
Im klassischem Machine Learning – z.B.: zur Klassifikation von Kundenfeedback – werden Verhaltensmuster aus Daten abgeleitet. Dabei ist es wichtig, möglichst saubere Daten zu haben, da das Ergebnis nur so gut ist, wie die Qualität der Daten. In weiterer Folge ist es zentral die Leistungsfähigkeit des gelernten Modells auf einer eigenen Datenbasis, die nicht zum Trainieren verwendet wurde, fortlaufend zu überprüfen. Werden die Ergebnisse bestätigt, kann das Modell eingesetzt werden. Sobald ein Modell eingesetzt wird, ist es wichtig seine Vorhersagekraft laufend zu monitoren, da sich die Muster der Daten im laufenden Betrieb verändern können und nicht mehr denen aus dem Training entsprechen. Wenn dieser Fall eintritt, verschlechtert sich die Vorhersagekraft und das Modell muss rekalibriert werden.
Darf man sich auf KI verlassen?
Man darf nicht vergessen, dass KI ein Assistent ist bzw. sein sollte. Und zwar - im Falle von LLMs - ein Assistent, der viel ‚gelesen‘, aber wenig Ahnung hat. Die Verantwortung liegt bei den Nutzer:innen und wird eigentlich durch die Nutzung von KI noch größer. KI hilft mir, meine Arbeit besser und schneller zu erledigen, aber ich muss mich stärker darauf fokussieren, die Ergebnisse zu evaluieren. Hier kommt es auf die auf richtige Fragestellung, das Prompting an. Prompting ist meiner Meinung nach im Augenblick eine sehr wichtige Fähigkeit, die man lernen sollte und die ein wesentlicher Punkt der Weiterbildung in jedem Betrieb werden sollte. Oft macht ein einziges Wort den Unterschied, ob ich von der KI eine gute oder schlechte Antwort erhalte.
Welche Herausforderungen und Gefahren bringt KI mit sich?
Wichtig ist es, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass KI ein weiteres Tool ist, das man richtig nutzen muss, um davon profitieren zu können. Als Unternehmen muss man wissen, mit welchen Informationen man eine KI füttert. Speziell bei GenAI oder LLMs stehen wir noch am Anfang und jeder Einsatz muss gut überlegt sein. KI ist gekommen um zu bleiben und von entscheidender Bedeutung, da sie Prozesse beschleunigen und Effizienz steigern kann. Die tatsächlichen Verbesserungen hängen jedoch davon ab, wie sie umgesetzt wird.