Lehrlingsausbildung als Rezept gegen den Fachkräftemangel
08.05.2024
Bei den Weinviertler Wirtschaftsgesprächen 2024 stand das brisante Thema Fachkräftemangel im Fokus. Eine hochkarätige Expertenrunde diskutierte darüber, was Unternehmen durch gezielte Lehrlingsausbildung dagegen machen können.
Der Fachkräftemangel stellt eine weitreichende Herausforderung dar, die die gesamte Wirtschaft betrifft. Die Lehrlingsausbildung bietet hier eine bedeutende Chance, junge Talente zu entwickeln und langfristig an Unternehmen zu binden. Jene Unternehmen, die in eine qualitativ hochwertige Ausbildung investieren, sichern nicht nur ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit, sondern tragen auch aktiv zur Gestaltung der Zukunft unserer Wirtschaft bei. Bei den Weinviertler Wirtschaftsgesprächen, die am 25. April im Stadtsaal Mistelbach über die Bühne gegangen sind, diskutierten Expert:innen die aktuellen Herausforderungen des modernen Arbeitsmarktes und mögliche Lösungsansätze, die dazu beitragen können, dem Fachkräftemangel nachhaltig entgegenzuwirken.
Nach Begrüßungsworten von Gastgeber Wolfgang Seltenhammer, Filialleiter Kommerz Region Weinviertel, Erste Bank, rechnete Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer in seiner Keynote vor, dass für 82 Prozent der österreichischen Unternehmen der Fachkräftemangel ein Thema, und für fast zwei Drittel von ihnen ein akutes Problem darstelle. „Um den Betrieb aufrechtzuerhalten, den Umsatz zu steigern und die Gewinnmargen zu halten, müssen Maßnahmen ergriffen werden, und das betrifft eine Vielzahl von Branchen“, so Mahrer. Angesichts der bevorstehenden Pensionierung vieler Know-how-Träger:innen, die häufig selbst
"Die Attraktivierung der Lehre ist, auch in Bezug auf Image und Reputation, eine entscheidende Aufgabe" so der Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer
eine Fachausbildung absolviert haben, spiele die Lehre dabei eine äußerst zentrale Rolle. „Daher ist die Attraktivierung der Lehre, auch in Bezug auf Image und Reputation, eine entscheidende Aufgabe,“ so der Wirtschaftskammerpräsident.
Junge Fachkräfte als Welt- und Europameister
Dass es nicht an der jungen Generation liegt, betonte Jürgen Kraft, Geschäftsführer SkillsAustria: „Ich muss sagen, dass die Jugend oft als fauler dargestellt wird, als sie ist. Viele Menschen wissen nicht, dass wir im vergangenen Jahr Berufseuropameister geworden sind und unsere Teilnehmer:innen jedes Jahr viele Medaillen bei den internationalen Berufswettberwerben gewinnen. Wir müssen daher mehr Aufmerksamkeit auf dieses Thema lenken und darüber informieren. Gleichzeitig wollen wir mit unseren ehemaligen Teilnehmer:innen, den Skills Heroes, einen aktiven Beitrag in der Berufsmotivation und Berufsorientierung leisten.“ SkillsAustria ist ein gemeinnütziger Verein und agiert als österreichisches Kompetenzzentrum für Talenteförderung in der Berufsbildung, Berufswettbewerbe, Berufsmotivation und Berufsorientierung. SkillsAustria organisiert zum Beispiel die österreichischen Staatsmeisterschaften der Berufe (AustrianSkills). Deren Sieger:innen repräsentieren als Team Austria die Kompetenz und Perfektion junger österreichischer Fachkräfte bei internationalen Berufswettbewerben: EuroSkills & WorldSkills.
Auch für den Traditionsbetrieb Manner ist die Ausbildung von Lehrlingen von zentraler Bedeutung. Das Unternehmen habe sich laut Personalchefin Eva Hipfinger genau angesehen, welche Berufe es im Betrieb brauche und entsprechend die Schwerpunkte in der Ausbildung verschoben: Weg vom Lebensmitteltechniker, hin zu technischen Berufen wie Mechatronik, Betriebslogistik, Industriekaufmann und Elektrotechnik. „Wir wollen mittelfristig bis zu 40 Lehrlinge ausbilden“, so Hipfinger: „Mit unserer Marke und als Traditionsbetrieb sind wir da aber in einer glücklichen Lage, Lehrlinge zu finden.“
Arbeitgebermarke stärken
Man müsse den Jugendlichen als Unternehmen etwas bieten, so Christian Dorfinger, Head of Talent Acquisition and Employer Branding, Erste Group, und sprach damit das Thema Flexibilität von Unternehmen an. „Junge Arbeitnehmer:innen haben einen gesunden Ansatz zum
Thema Arbeit. Für sie ist es wichtig, dass es neben dem Job auch noch andere Aspekte im Leben gibt“, so Dorfinger. Dieses Bewusstsein habe sich aber schon in zahlreichen Unternehmen etabliert und viele befinden sich derzeit in einem umfassenden Kulturwandel. „Ausschlaggebende Faktoren sind Aspekte wie eine starke Arbeitgebermarke, die über einen längeren Zeitraum aufgebaut werden muss“, so Dorfinger. „Duale Ausbildung und Lehre können dabei ein schneller Weg zu einer vielversprechenden Karriere sein und viele junge Menschen sehen das genauso.“
„Die Position und Bedeutung der Lehre in Unternehmen haben sich im Laufe der Zeit vollständig verändert. Es ist für jedes Unternehmen aus rein unternehmerischen Überlegungen heraus von entscheidender Bedeutung, ein erstklassiges Ausbildungsprogramm anzubieten“ ergänzte Hans Unterdorfer, Firmenkundenvorstand bei der Erste Bank: „Unternehmen, die sich auf die Ausbildung junger Menschen konzentrieren, sind in der Regel auch erfolgreich. Wir glauben fest daran und haben insgesamt 81 Lehrlinge im Haus, die auf verschiedene Bereiche verteilt sind.“
Beruf und Leidenschaft
„Das Lernen von den Besten ist oft der beste Weg zum Erfolg. Daher empfehle ich, sich an erfolgreiche Unternehmen zu wenden und von ihnen zu lernen. Diese Unternehmen sind in der Regel offen für den Austausch von Informationen und bieten die Möglichkeit, ihre Erfolgsrezepte zu verstehen“, betont Hans Unterdorfer und ergänzt: „Man darf die Auswirkungen dieses Bereichs auch nicht unterschätzen. Die Unternehmenswert steigt, wenn in diese Bereiche investiert wird“.
Auch Eva Hipfinger von Manner betonte, dass es sehr wichtig sei, sich „intensiv um Fachkräfte zu bemühen und sie stets im Blick zu behalten, indem man ein attraktives Arbeitsumfeld, gute Rahmenbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten bietet.“ „Ich ermutige die Teilnehmer:innen der Berufsorientierung immer dazu, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Wenn man seine Leidenschaft zum Beruf macht, wird der Beruf zur Leidenschaft und dann ist man auf dem richtigen Weg, um beruflich erfolgreich zu sein“, brachte es Jürgen Kraft abschließend auf den Punkt.