Im Interview: Dr. Gerhard Fabisch,
Präsident des Österreichischen Sparkassenverbandes
Regional aber auch überall
Die digitale Revolution erfasst auch die Banken. Sie müssen den Spagat zwischen Globalisierung und Regionalität, sowie maximaler Sicherheit schaffen.

Der neue Global Retail Banking Report 2018 der Boston Consulting Group mit dem Titel "The Power of Personalization" zeigt, dass sich bereits mehr als die Hälfte der Österreicher (51 Prozent) als vornehmlich digitale Bankkunden sehen. Damit liegt Österreich knapp vor Deutschland (50 Prozent) auf Platz vier eines internationalen Rankings von 16 Ländern, welches von den Niederlanden (76 Prozent), Belgien (56 Prozent) und Australien (55 Prozent) angeführt wird. Die Digitalisierungswelle hat längst das Retail-Banking erreicht. Die Kunden tragen bereits ihre Bankfiliale in der Hosentasche. Mit Apps und Onlinebanking lassen sich heute schon viele Bankgeschäfte überall und jederzeit erledigen. Die Digitalisierung führt zudem auch dazu, dass immer mehr internationale Anbieter wie Amazon, Google oder auch Apple in das Bankgeschäft einsteigen. Können die heimischen Banken in diesem Wettbewerb um die Kunden überhaupt noch mithalten?
Sind Filialen überflüssig?
Außer Frage steht, dass die Filialbesuche in den letzten Jahren sinken, aber daraus lässt sich nicht ableiten, dass die Kunden keine Filialen mehr wünschen. Gerhard Fabisch, Präsident des Österreichischen Sparkassenverbandes: "Auch in unserer Bankengruppe zeigt sich ein Sinken der Filialbesuche, aber gleichzeitig hat sich die Qualität der Filialbesuche geändert. Sind Kunden früher in die Bankfiliale gekommen, um einfache Geldgeschäfte zu erledigen, so kommen sie heute in eine Filiale, um sich über komplexe Themen wie eine Immobilienfinanzierung oder über eine Vorsorge- oder Anlagestrategie beraten zu lassen."
Bei der Erste Bank etwa werden noch immer 1,2 Millionen Filialbesuche
pro Monat verzeichnet. Laut einer IMAS-Studie aus dem heurigen Jahr wollen selbst junge Menschen nicht auf eine Bankfiliale verzichten. Sie kommen zwar seltener in die Filiale, aber 60 Prozent der vom Marktforschungsinstitut befragten Jugendlichen zwischen 15 und 19 wollen ein Konto nur bei einer Filialbank haben. Laut Boston-Consulting-Studie sind den Kunden ihre individuellen Bedürfnisse trotz Digitalisierung wichtig. Denn für sechs von zehn Konsumenten sind maßgeschneiderte Lösungen der wichtigste oder zumindest ein sehr wichtiger Faktor, Kunde bei einer Bank zu werden. Gar vier von zehn Verbrauchern verlassen ihre Bank, weil sie das Serviceangebot und die Kommunikation als nicht hinreichend personalisiert empfinden.
Multi-Channel ist das neue Dogma
Was heute nicht mehr geht ist, dass Banken nur noch auf einen Kommunikationsweg mit den Kunden setzen. "Jede Bank muss heute via Filiale, Telefon und Internet erreichbar sein. Zudem müssen die digitalen Kommunikationswege einfach und komfortabel gestaltet sein. George, das Online-Banking der Erste Bank und Sparkassen, hat hier in den vergangenen Jahren neue Maßstäbe gesetzt", so Sparkassenpräsident Fabisch.
Das zeigt sich auch bei den Zahlen: Die Onlinebanking-Plattform George hat mittlerweile über drei Millionen Nutzerinnen und Nutzer, 1,6 Millionen allein in Österreich. Die Sparkassen verzeichnen jährlich fast 300 Millionen Onlinekontakte via App, Website und George. Fabisch: "Es war zwar ein großes Risiko, aber wir haben uns getraut, Online-Banking völlig neu zu denken und unsere Strategie ist aufgegangen. Selbst ältere Kunden finden sich in George zurecht. Das Durchschnitts-Alter der George-User liegt bei 39. Jeder Vierte ist aber über 30."
Verwurzelt in der Region
Gerade in Zeiten der Globalisierung leisten die Banken einen großen Beitrag für die Entwicklung der Regionen. Beim letzten CSR-Bericht aus dem Jahr 2016 hat das Industriewissenschaftliche Institut (IWI) errechnet, dass Erste Bank und Sparkassen über Sozialversicherungsbeiträge und Steuerzahlungen mehr als 1,5 Milliarden Euro an Fiskal- und Sozialbeitragseffekten generierten. Fabisch: "Die Aktivitäten der Sparkassengruppe stärken den heimischen Wirtschaftsstandort und initiieren auf direkter, indirekter und induzierter Ebene Produktion und Wertschöpfung in Österreich."
Durch die Sparkassengruppe wurde in Österreichs Wirtschaft ein Produktionswert im Ausmaß von 8,5 Milliarden Euro generiert. Insgesamt waren 2016 durch die Aktivitäten von Erste Bank und Sparkassen 31.315 Arbeitsplätze in Österreich abgesichert. Darüber hinaus wurden 2017 insgesamt über 22 Millionen Euro in regionale soziale, karitative, kulturelle sowie Jugend- und Bildungsprojekte investiert. Sparkassenpräsident Fabisch: "Damit geben die Sparkassen vieles direkt an die Regionen zurück ganz im Sinne unserer Gemeinwohlidee."
Sparkassen als Innovationsmotor
Doch Erste Bank und Sparkassen wollen auch in Zukunft Innovationsmotor in der heimischen Bankenlandschaft bleiben. Auch Unternehmen stellen immer höhere Anforderungen an ihre Banken und deshalb hat Erste Bank und Sparkassen auch ein neues Online Banking für Kommerzkunden entwickelt. Auf der Plattform können künftig auch Dienstleistungen, wie etwa Bonitätsprüfungen schnell und unkompliziert abgewickelt werden. "Telebanking Pro" ist schon jetzt verfügbar und im Laufe der nächsten Monate werden weitere Funktionen und Dienste auf der Plattform eingebunden werden. Fabisch: "Schon seit 200 Jahren leben wir als Sparkasse nicht nur den Gemeinwohlgedanken, sondern sind stetig bestrebt, auch bei Innovationen Pioniergeist zu zeigen. In den nächsten Monaten werden noch mehr neue Services für unsere Kunden kommen."