Europas Aktienmärkte

Vorübergehendes Comeback oder Trendwende?

InvestStory 17. Juli 2025, Kurt Prattes

Am 9. Juli erreichte der Chiphersteller NVIDIA als weltweit erstes Unternehmen einen Börsenwert von über 4 Billionen US-Dollar. Auch auf den folgenden Plätzen dominieren US-Werte völlig. Zuletzt kamen 8 der globalen Top 10 Firmen sowie 61 der Top 100 aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten.1 Im globalen MSCI All Country World Index hatte das Land zuletzt einen Anteil von 64,4 Prozent.2 Und das, obwohl die USA nur einen Anteil von 29,7 Prozent am Bruttoinlandsprodukt des gesamten Index haben.2 Das impliziert, wie profitabel Unternehmen jenseits des Atlantiks sind und wie stark die dortige Wirtschaft ist. Es bedeutet aber auch hohe Bewertungen und optimistische Zukunftserwartungen. So hat der S&P 500 ein Kurs/Gewinn-Verhältnis von 27,4. Beim Stoxx Europe 600 liegt es nur bei 17,1.3

Hinweis: Die Entwicklungen in der Vergangenheit sind kein zuverlässiger Indikator für zukünftige Entwicklungen.

Plötzlicher Favoritenwechsel

Seit der Finanzkrise 2007/08 haben sich europäische Aktien deutlich schlechter entwickelt als US-Werte.4 Das lag unter anderem am größeren Spardruck in Europa nach der Eurokrise und der geringeren Produktivität im Vergleich zu den USA.5 Doch im Frühjahr 2025 gab es eine Überraschung: Plötzlich lief der Aktienmarkt auf dem alten Kontinent deutlich besser. Im März lag der europäische STOXX 600 seit Jahresstart zeitweise fast 14 Prozentpunkte vor dem US-Leitindex S&P 500.6

Das treibt europäische Aktien an

Eine Erklärung waren die starken Mittelzuflüsse nach Europa. Aktienfonds auf dem alten Kontinent zogen in diesem Jahr bereits mehr als 100 Milliarden US-Dollar an, während US-Fonds Abflüsse von rund 90 Milliarden US-Dollar verzeichneten.7 Laut Michael Field, Chefstratege für europäische Märkte bei Morningstar, basierte die Umverteilung von Kapital aus den USA nach Europa seit Jahresbeginn vor allem auf Bewertungen. „Die Anleger sind durch die Maßnahmen der US-Regierung verunsichert und machen sich Sorgen, dass es den Anstieg der Aktienmärkte in den USA bremst. Es könnte also der Beginn eines mittelfristigen Trends sein.“

Tatsächlich erwarteten zuletzt immer mehr Marktteilnehmer:innen, dass die Rotation aus den USA in den Rest der Welt, vor allem nach Europa, in der zweiten Jahreshälfte anhalten dürfte.8 Ein Treiber, der die mittelfristigen Aussichten für Europa stützt, ist die expansive Fiskalpolitik. Hier ist vor allem Deutschland mit seinem Konjunkturprogramm im Wert von 500 Milliarden Euro zu nennen. Zudem rasen die Verteidigungsinvestitionen nach oben. Die Europäische Kommission schätzt, dass sie in den kommenden 4 Jahren 800 Milliarden Euro erreichen könnten.9

Ein weiterer Faktor ist das günstige monetäre Umfeld. Die EZB hat den Einlagezins im Juni auf 2 Prozent gesenkt.10 Gegenüber den USA, wo die letzte Zinssenkung im Dezember 2024 stattfand, besteht nun ein Unterschied von 2,25 Prozentpunkten.11 Daran dürfte sich zunächst nichts ändern. Weder von der Fed noch von der EZB wird vor September eine Zinsveränderung erwartet.12,13

Der vielleicht wichtigste Grund für die Stärke ist, dass sich die Bilanzen und Aussichten europäischer Unternehmen insgesamt verbessert haben. Einige Expert:innen gehen davon aus, dass das jährliche Gewinnwachstum diesseits des Atlantik zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt über dem der USA liegen wird.9

Alte Perlen neu entdeckt

Dass es in Europa interessante Unternehmen mit Potenzial gibt, ist nichts Neues. Die US-Investmentbank Goldman Sachs schuf schon im April 2020 den Begriff GRANOLAS. Er steht für die teils mehrfach besetzten Anfangsbuchstaben der damals 11 größten Firmen des Kontinents: GSK (vormals GlaxoSmithKline), Roche, ASML, Nestlé, Novartis, Novo Nordisk, L’Oréal, LVMH, AstraZeneca, SAP und Sanofi. Während es bei den Magnificient Seven aus den USA vor allem um die Wachstumsaussichten geht, stehen die GRANOLAS besonders für Stabilität und solide Bilanzen.14

Ein ähnliches Konzept stellte die Schweizer Großbank UBS im Jahr 2024 vor. Sie nennt 7 Konzerne, die durch hohe Profitabilität, Innovationskraft, globale Marktführerschaft und strukturelle Wachstumsaussichten überzeugen: Siemens, Hermès, Ferrari, LVMH, L'Oréal, Novo Nordisk und ASML. Dabei decken sich die vier zuletzt genannten Firmen mit den GRANOLAS. Ein Blick auf beide Listen zeigt, dass Europas Spitzenkonzerne mehr zu bieten haben als „nur“ Tech-Unternehmen.15 Platz 1 nach Börsenwert nimmt dabei der deutsche Softwarekonzern SAP ein, gefolgt von niederländischen Chip-Maschinenbauer ASML und dem dänischen Pharmakonzern Novo Nordisk.1

Doch nicht nur Large Caps können interessant sein. Europäische Small- und Microcaps, die zuletzt mit einem Kurs/Buchwert-Verhältnis von 0,6 bewertet waren, könnten ebenfalls profitieren, wenn die Mittelzuflüsse in weniger liquide Bereiche des Marktes durchsickern.16

Gemischte Sektorenbilanz

Blickt man auf die Performance der einzelnen Sektoren, zeigt sich jedoch ein gemischtes Bild. Viele der Unternehmen, die von den Investitionsprogrammen profitieren dürften, stammen aus dem Value-Segment. Dazu zählen neben Banken vor allem Industrie- und Rohstofffirmen.17 Zuletzt wurde die Performance-Liste in Europa von Verteidigungsaktien und Bankwerten angeführt. Schätzungen zufolge sind die beiden Sektoren für mehr als 50 Prozent der Rendite des STOXX 600 verantwortlich, obwohl sie nur 16 Prozent des Index ausmachen. Die Folge sind teils hohe Bewertungen etwa beim deutschen Rüstungshersteller Rheinmetall.18

Im Technologiebereich, der zu den wichtigsten Wachstumsthemen der Zukunft zählt, ist Europa aber untergewichtet.5 Und im Automobilsektor werden die etablierten Hersteller durchgereicht. Während sich Ende 2023 noch alle deutschen Autokonzerne unter den 300 wertvollsten Firmen der Welt befanden, war zuletzt keiner von ihnen mehr darunter.19 Heute sind Mercedes-Benz, Volkswagen, BMW und Porsche zusammen rund 215 Milliarden US-Dollar wert, kaum mehr als ein Fünftel des US-Platzhirschs Tesla. Selbst der chinesische Autokonzern BYD bringt mehr als dreimal so viel auf die Waage wie Mercedes-Benz.1

Auch regional sind die Unterschiede deutlich. Während Spanien, Italien und Deutschland im ersten Halbjahr am stärksten zulegten, kam Schweden kaum vom Fleck und Dänemark musste sogar Federn lassen. Spanien und Italien profitierten dabei von den Kursgewinnen ihrer Banken UniCredit und Banco Santander. Dänemark wurde dagegen von den Kursverlusten seines Schwergewichts Novo Nordisk belastet.20

Wertentwicklungen unter 12 Monaten haben aufgrund der kurzen Dauer wenig Aussagekraft. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Finanzinstruments zu. In der Wertentwicklung sind keinerlei Provisionen, Gebühren und andere Entgelte mit ertragsmindernder Auswirkung auf den Kursverlauf berücksichtigt.

Vielleicht nur ein Strohfeuer

Neben der Renditeschere innerhalb von Europa sollte man auch nicht vergessen, dass die Outperformance der USA in den letzten 10 Jahren durch die Gewinnentwicklung gestützt wurde. Europa befindet sich nun in der ungewöhnlichen Lage, gestiegene Erwartungen ebenfalls mit entsprechenden Ergebnissen unterfüttern zu müssen.9 Ob das gelingt, bleibt abzuwarten. Thomas Lehr, Kapitalmarktstratege bei Flossbach von Storch, ist skeptisch. Für ihn ist das Comeback Europas „nur eine gute Geschichte“. So wuchs der Vorsprung europäischer Aktien genau bis zum 18. März, dem Tag, an dem der Deutsche Bundestag sein Sondervermögen beschloss.6

Seitdem schmolz die Renditedifferenz dahin. Kaum hatte sich das Narrativ von der Outperformance Europas unter Anleger:innen herumgesprochen, schien sie auch schon wieder vorüber zu sein. Inzwischen liegt der US-Markt auf Jahressicht wieder vorn.18 Wenn da nicht der Währungseinfluss wäre. Berechnet man ein, dass der Euro seit Jahresbeginn fast 14 Prozent zulegte, behielt der alte Kontinent bislang die Nase vorn.18
 

Wertentwicklungen unter 12 Monaten haben aufgrund der kurzen Dauer wenig Aussagekraft. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Finanzinstruments zu. In der Wertentwicklung sind keinerlei Provisionen, Gebühren und andere Entgelte mit ertragsmindernder Auswirkung auf den Kursverlauf berücksichtigt.

Ausblick

Dass es in Europa viele Herausforderungen gibt, ist bekannt: Der alte Kontinent hat strukturelle Schwächen, gilt als bürokratisch und langsam, wird von hohen Energiepreisen belastet, ist auf komplexe Lieferketten angewiesen und hängt über seine hohen Exporte am Tropf der Weltwirtschaft. Hinzu kommen geopolitische Risiken und der Handelskonflikt mit den USA. Die Liste an Argumenten, nicht in Europa zu investieren, scheint lang. Der US-Ökonom Kenneth Rogoff sieht Europa trotzdem als den Ort der Welt, der am meisten Grund zum Optimismus hat. Der Kontinent sei in den letzten 20 Jahren zurückgefallen und habe jetzt viel Raum zum Aufholen. „Wäre ich ein Investor, würde ich nach Europa gehen. Die USA schaden sich selbst gerade.“21 Vielleicht erreicht auch Donald Trump mit seinem Narzissmus und seinem undiplomatischen Auftreten, dass Europa endlich „erwachsen“ wird und zusammenwächst.22 Am Ende wird aber vor allem die konsequente Umsetzung versprochener Reformen entscheidenden Einfluss darauf haben, ob die neu gewonnene Dynamik in Europa erhalten bleibt.7

Investment mit Teilschutz

Anleger:innen, die auf Europa setzen möchten, könnten einen Blick auf den EURO STOXX 50® Index werfen. Er umfasst 50 der größten, börsennotierten Unternehmen des Euro-Währungsgebiets. In den letzten Jahren entwickelte er sich etwas besser als der STOXX 600, in dem die 600 größten börsennotierten Firmen des ganzen europäischen Kontinents enthalten sind.23 Wer lieber vorsichtig agieren möchte, könnte sich die Fix Kupon Express Anleihe der Barclays Bank PLC auf den EURO STOXX 50® Index anschauen. Das Produkt zahlt 4,5 Prozent Zinsen pro Laufzeitjahr. Es wird zum Nennbetrag zurückgezahlt, wenn der Index am finalen Bewertungstag mindestens 65 Prozent seines Startwerts (Ausübungspreis) erreicht. Dank der Expressfunktion kann die Anleihe zudem vorzeitig fällig werden. Dazu muss der Index an einem der Bewertungstage auf oder über seinem Startwert notieren. Kommt es nicht zur vorzeitigen Rückzahlung und weist der Index am Laufzeitende ein Minus von mehr als 35 Prozent auf, sind Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals möglich. Anleger:innen tragen auch das Bonitätsrisiko der Emittentin, also das Risiko von Änderungen der Kreditwürdigkeit oder einer Zahlungsunfähigkeit.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass eine Veranlagung in Wertpapiere neben Chancen auch Risiken beinhaltet.

1Quelle: CompaniesMarketCap; Stand: 11. Juli 2025
2Quelle: MSCI; Stand: 30. Juni 2025
3Quelle: LSEG Datastream; Stand: 14. Juli 2025
4Quelle: MSCI; Stand: 22. Mai 2025
5Quelle: CompaniesMarketCap; Stand: 11. Juli 2025
6Quelle: Institutional Money; Stand: 2. Juli 2025
7Quelle: Deutsche Bank – Perspektiven am Morgen; Stand: 4. Juli 2025
8Quelle: Axios Markets; Stand: 30. Juni 2025
9Quelle: Morningstar; Stand: 27. Mai 2025
10Quelle: EZB; Stand: 5. Juni 2025
11Quelle: Federal Reserve Bank of St Louis; Stand: 1. Juli 2025
12Quelle: CME Group; Stand: 14. Juli 2025

13Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung; Stand: 11. Juli 2025
14Quelle: Cash; Stand: 24. Mai 2025
15Quelle: AnlegerPlus; Stand: Juni 2025
16Quelle: Verdad Advisers; Stand: 28. April 2025
17Quelle: e-fundresearch; Stand: 8. Juli 2025
18Quelle: Reuters; Stand: 7. Juli 2025
19Quelle: boerse-express; Stand: 3. Juli 2025
20Quelle: Morningstar; Stand: 3. Juni 2025
21Quelle: Capital; Stand: 19. Juni 2025
22Quelle: Flossbach von Storch; Stand: 30. April 2025
23Quelle: boerse.de; Stand: 14. Juli 2025

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Stand: Juli 2025

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