Die Europäische Zentralbank (EZB) hat angesichts der abflauenden Inflation im Euroraum zum zweiten Mal in diesem Jahr die Zinsen nach unten gesetzt. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagenzins, den Banken erhalten, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, wurde um 0,25 Prozentpunkte gesenkt und liegt nun bei 3,50 Prozent.1 Zusammen mit dem Einlagenzins wurden auch der Hauptrefinanzierungs- und der Spitzenrefinanzierungssatz gesenkt – und zwar um jeweils 0,6 Prozentpunkte.

Dass der Schritt nach unten größer ausfällt als beim Einlagensatz, ergibt sich aus den bereits im Frühjahr festgezurrten Änderungen am operativen Rahmen der EZB. Damals hatte sie für Mitte September beschlossen, den Abstand zwischen den EZB Zinssätzen zu verkleinern, um somit Anreize zur Teilnahme an ihren wöchentlichen Kreditgeschäften zu schaffen und zugleich den Umfang von Marktzinsschwankungen zu begrenzen. Damit beträgt der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld von der EZB leihen können, ab sofort 3,65 Prozent, der Zins zur kurzfristigen Beschaffung von Geld, der Spitzenrefinanzierungssatz 3,9 Prozent. Laut EZB-Chefin Christine Lagarde wurde der Beschluss einstimmig gefasst.2

Wie es geldpolitisch weitergeht und ob es bald eine dritte Zinssenkung geben wird, ließ die gebürtige Pariserin nur wenige Wochen vor der nächsten Sitzung im Oktober offen. Die EZB sei nicht vorab festgelegt – weder in Bezug auf den Zeitpunkt noch auf den Umfang des nächsten Zinsschrittes. Dies hänge von den Konjunkturdaten ab. „Wir entscheiden von Sitzung zu Sitzung“, so Lagarde.3

Viele Auswirkungen

Die Währungshüter:innen versprechen sich von einer Zinssenkung Wachstumsimpulse. Geld wird „billiger“. Das heißt: Unternehmen und Privathaushalte können bei günstigeren Krediten leichter investieren und konsumieren.Niedrigere Zinsen der EZB beeinflussen auch die Höhe der Sparzinsen und bedeuten prinzipiell zudem erst einmal auch eine schwächere Währung.5,6 Außerdem sinken in der Regel die Renditen von Staatsanleihen.7 In Summe haben Zinssenkungen daher auch häufig positive Auswirkungen auf die Aktienmärkte.8

Aber nicht nur für die Aktienmärkte, den Devisenhandel und die Anleihemärkte ist die Fiskalpolitik der Notenbanken von großer Bedeutung. Auch auf strukturierte Wertpapiere/Zertifikate hat die Zinsentwicklung einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Der Grund dafür liegt im speziellen Aufbau dieser Wertpapiere. Jedoch ist die Zinskomponente nur ein Teil von vielen. Denn neben ihr verfügen die Emittenten von strukturierten Wertpapieren über genügend weitere Stellschrauben, um interessante Chance/Risiko-Profile zu konstruieren, die jederzeit mit Renditen-Aussichten jenseits des Marktniveaus aufwarten können. Deshalb können strukturierte Wertpapiere für den Einsatz im Portfolio-Kontext auch so wertvoll sein.

 

Strukturierte Wertpapiere und der Zinseinfluss – einige Beispiele

Grundsätzlich enthalten die meisten strukturierten Wertpapiere eine Optionskomponente. Auf anderem Weg wären die besonderen Rückzahlungsprofile und interessanten Renditen vieler dieser Wertpapiere sonst überhaupt nicht darstellbar. Allen voran bei den Optionsscheinen. Bei diesen Klassikern unter den strukturierten Wertpapieren werden zwei Arten unterschieden: Calls und Puts. Mit einem Call-Optionsschein erwerben Anleger:innen das Recht, aber nicht die Pflicht, einen bestimmten Basiswert zu einem festgelegten Preis (Strike) während einer bestimmten Zeitspanne oder einem bestimmten Zeitpunkt zu kaufen.

Put-Optionen hingegen sichern den Käufer:innen das Recht zu, einen Basiswert (z.B. eine Aktie, einen Index oder Rohstoff) an einem bestimmten Termin zu einem bestimmten Preis zu verkaufen. Mit Calls setzt man also auf steigende Kurse, mit Puts auf fallende. Diese zwei Arten von Optionen können ge- oder verkauft werden. Dabei stehen die Verkäufer:innen den Käufer:innen gegenüber in der Pflicht, den Basiswert auszuliefern (Call-Option) oder anzunehmen (Put-Option).

 

Knackpunkt Finanzierungskosten

Dabei gilt: Bei Calls steigen mit höheren Zinsen die Preise, bei Puts fallen sie. Und umgekehrt. Die Effekte sind dabei umso größer, je höher der Kurs des Basiswerts ist und je länger die Restlaufzeit ist. Aber warum? Der Grund dafür liegt in den Finanzierungskosten, mit denen die Emittentin konfrontiert ist. Bei jedem Geschäft, bei dem Anleger:innen einen Optionsschein kaufen oder verkaufen, wird die Emittentin versuchen, eine risikoneutrale Position einzunehmen.

Kaufen Anleger:innen beispielsweise Call-Optionsscheine, erwirbt die Emittentin im Gegenzug den zugrunde liegenden Basiswert des Optionsscheines. Das Problem dabei: Da der Preis des Call-Optionsscheins aufgrund der Hebelwirkung in der Regel deutlich unter dem Kurs des Basiswerts liegt, benötigt die Emittentin zusätzliches Kapital, um das Absicherungsgeschäft zu finanzieren. Und hier kommt der Zinssatz ins Spiel. Steigt er, steigen entsprechend auch die Finanzierungskosten für das zusätzlich benötigte Kapital – und somit auch der Preis des Optionsscheins. Fällt er, fallen die Finanzierungskosten und der Wert des Calls sinkt.

Genau andersherum verhält es sich bei Put-Optionsscheinen. Um hier beim Verkauf eine risikoneutrale Position zu erzielen, verkauft die Emittentin den zugrundeliegenden Basiswert leer und kann so den vereinnahmten Betrag zinsbringend anlegen. Steigende Zinsen führen somit zu sinkenden Finanzierungskosten und damit zu einer Wertminderung bei Put-Optionsscheinen. Zinssenkungen haben den genau gegenteiligen Effekt – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kurse und die Konditionen von strukturierten Wertpapieren.

Zinssensibler Baustein bei Garant Anleihen und Aktienanleihen

Aber nicht nur bei den Optionsscheinen, auch bei anderen strukturierten Wertpapieren wie z.B. bei kapitalgeschützten Zertifikaten (Garant Anleihen) oder Aktienaleihen hinterlassen Zinsänderungen ihre Spuren. Für die Konstruktion solcher Finanzprodukte werden Zerobonds (Nullkupon-Anleihen) als Baustein herangezogen. Diese reagieren sensibel auf Schwankungen der Marktzinsen.

Wie generell bei Anleihen üblich, erfolgt auch die Kursnotierung eines Zerobonds als Prozentsatz vom Nennwert. Im Gegensatz zu klassischen Anleihen zahlt ein Zerobond allerdings keine laufenden Zinsen an die Inhaber:innen aus. Stattdessen erwerben Käufer:innen einen bestimmten Nennwert mit einem Abschlag – sie erhalten erst am Laufzeitende den vollständigen Nennwert zu 100 Prozent zurück. Die „Verzinsung“ eines Zerobonds erfolgt damit über seinen Einkaufspreis, der in der Regel unter 100 Prozent des Nennwerts liegt.

Wie weit darunter, hängt von den Zinserwartungen während der Laufzeit ab. Denn der Ausgabekurs errechnet sich, indem die in dem Zeitraum bis zur Fälligkeit prognostizierten Kapitalmarktzinsen vom Nennwert diskontiert bzw. abgezinst werden. Zerobonds reagieren damit auch stärker als Anleihen mit regelmäßiger Zahlung, wenn sich irgendetwas ändert.

Gehen die allgemeinen Zinsen zurück (wie aktuell), steigt der Kurs des Zerobonds – und die Differenz zwischen aktueller Notiz und Nennwert engt sich ein. Positiv ist dies für all diejenigen, die schon Derivate besitzen, die eine Nullkupon-Anleihe als Bestandteil haben. Der Kurs steigt. Nachteilig ist es dagegen für die Anleger:innen, die strukturierte Wertpapiere wie Aktienanleihen oder Kapitalschutz-Zertifikate erst noch kaufen wollen.

Denn durch die sinkende Differenz zwischen Kaufpreis und Nennwert bleibt weniger Kapital für den Aufbau der Optionskomponente übrig. Entsprechend sinken auch die Konditionen bei Neuemissionen. Umgekehrt verhält es sich natürlich bei Zinsanhebungen.


Fazit

Wie erwähnt gilt, dass der Marktzins nur ein Faktor ist, der Auswirkungen auf die Preisgestaltung von strukturieren Wertpapieren hat. Daneben gibt es noch viele weitere, wie die bis zum Laufzeitende (eventuell) erwarteten Dividendenzahlungen sowie vor allem die Entwicklung des Basiswerts, die Implizite Volatilität und die Restlaufzeit. Und deren Einfluss auf die Preisbildung ist teils sogar deutlich höher als der Zins. Damit ist klar: Egal ob die Zinsen steigen oder fallen, strukturierte Wertpapiere können in jedem Marktumfeld eine interessante Alternative oder Beimischung zum Portfolio darstellen.

Nähere Details und Informationen zu strukturierten Wertpapieren wie z.B. Aktienanleihen, Garant Anleihen sowie Express Anleihen und auch Optionsscheine finden Anleger:innen im Investment-Center der Erste und Bank & Sparkasse.

Hinweis: Eine Veranlagung in Wertpapiere birgt neben den geschilderten Chancen auch Risiken. Ein Kapitalverlust bis hin zum Totalverlust ist möglich.

1Quelle: Tagesschau.de, Stand: 12. September 2024 
2Quelle: ORF; Stand: 12. September 2024
3Quelle: Manager Magazin; Stand: 12. September 2024
4Quelle: Merkur; Stand: 13. September 2024
5Quelle: Tagesschau; Stand: 14. Mai 2024
6Quelle: IG Bank; Stand: 19. September 2024
7Quelle: Morningstar; Stand: 7. Juni 2024
8Quelle: WirtschaftsWoche; Stand: 20. Februar 2024


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Stand: September 2024

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