19.05.2022
Frauen in Vorarlberg: Wie gesund sind ihre Finanzen?
Am 28. Mai findet der internationale Aktionstag für Frauengesundheit statt, der auf die Bedeutung der psychischen und physischen Gesundheit von Frauen verweist. Da jedoch viele Erkrankungen ihre Wurzeln in Geldsorgen haben und gute Gesundheitsvorsorge Geld kostet, wollen die Vorarlberger Sparkassen auf die finanzielle Dimension von Gesundheit aufmerksam machen. „Wir leben in herausfordernden Zeiten. Die Inflation treibt die Verbraucherpreise in die Höhe. Für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen wird es immer schwieriger, ausreichend vorzusorgen. Weil aber finanzielle Gesundheit auch davon abhängt, wie viel man oder frau über Geld weiß, haben wir unsere Finanzbildungsaktivitäten intensiviert“, so der Sprecher Martin Jäger. Wie die aktuelle IMAS-Umfrage im Auftrag von Erste Bank und Sparkassen zeigt, können in Vorarlberg nur rund ein Fünftel (21 %) etwas mit dem Begriff „finanzielle Gesundheit“ anfangen.
Wenn es ums Geld geht, sind Frauen immer noch benachteiligt: So verdienen Vorarlbergerinnen rund 22 Prozent weniger als Vorarlberger (Quelle: Equal Pay Day, 2022). Geringeres Einkommen in typischen Frauenberufen, familienbedingte Unterbrechungen in der Erwerbsbiografie und eine Teilzeitquote von rund 51 Prozent (Quelle: Vorarlberger Gleichstellungsbericht, 2021) führen darüber hinaus dazu, dass Frauen in Vorarlberg nach der Pensionierung im Durchschnitt nur halb so viel Rente (Quelle: ÖGB, 2021: 48 %) wie Männer erhalten. Aber auch eine Trennung kann gravierende Folgen für die finanzielle Gesundheit von Frauen haben: Die hohe Scheidungsrate (43 %; Quelle: Statistik Austria, 2019) hinterlässt häufig alleinerziehende Mütter, die überproportional gefährdet sind, unter die Armutsgrenze abzurutschen (Quelle: Statistik Austria, 2022). „Wir empfehlen Frauen dringend, sich gerade deshalb ganz besonders intensiv mit Finanzthemen auseinanderzusetzen“, betont Jäger.
Geringeres Interesse an Finanzthemen und finanzieller Unabhängigkeit
Vorarlbergerinnen überprüfen regelmäßig ihren Kontostand (94 %) und checken genau, wofür sie Geld ausgeben (85 %). 44 Prozent nutzen den Finanzcheck bei ihrer Bank, rund ein Drittel (30 %) führt sogar regelmäßig ein detailliertes Haushaltsbuch. Wenn es allerdings ums tatsächliche Interesse an Finanzthemen geht, schneiden Männer deutlich besser ab: Nur 35 Prozent der Frauen, aber 52 Prozent der Männer, informieren sich regelmäßig und aktiv über Finanzthemen. 29 Prozent der befragten Vorarlbergerinnen geben an, sich erst gar nicht dafür zu interessieren (Männer: 13 %). Und 28 Prozent fühlen sich nicht bzw. zu wenig informiert, wenn es ums Geld geht. (Männer: 10 %). „Interesse an Finanzthemen wirkt wie Gesundheitsprävention. Wer sich frühzeitig Geldwissen aneignet, versteht die wirtschaftlichen Zusammenhänge besser und trifft finanzielle Entscheidungen mit größerer Umsicht“, betont der Sprecher der Vorarlberger Sparkassen.
Ähnlich positiv auf die Geld-Gesundheit wirkt finanzielle Selbstständigkeit – auch in einer guten Partnerschaft. Doch gerade hier schneidet Vorarlberg schlechter als andere Bundesländer ab: Nur zwei Drittel der Befragten geben an, dass für sie finanziell unabhängig von Partner:innen, Eltern oder Kinder zu sein, „sehr wichtig“ ist. Tatsächliche Abhängigkeit bestätigen 23 Prozent (Frauen: 35 %; Männer: 11 %). Und für den Notfall haben aktuell nur 18 Prozent vorgesorgt und vertrauenswürdigen Vertretungspersonen einen Zugriff aufs Konto ermöglicht.
Finanzielle Absicherung im Alter macht zu wenig Kopfzerbrechen
Für 57 Prozent in Vorarlberg ist Sparen immer noch „sehr wichtig“. Größere Anschaffungen sind dabei Sparmotiv Nummer eins in Vorarlberg. Bei ihrer Vorsorgestrategie setzen Frauen am liebsten aufs bewährte Sparbuch (78 %) oder den Bausparvertrag (57 %). „Mit ihrer Sicherheitsorientierung sind Frauen grundsätzlich gute Finanzverwalterinnen, die aber, wie unsere Beratungspraxis zeigt, häufig unsicher in Bezug auf ihre Fähigkeiten sind“, berichtet der Sprecher der Vorarlberger Sparkassen. Dass allerdings nur 24 Prozent der Vorarlberginnen (aber 38 % der Vorarlberger) Immobilieneigentum als Anlageform nutzen, bedauert Jäger: „Immobilienbesitz ist ein hervorragender Baustein für die Altersvorsorge. Erwirbt man Wohneigentum in einer Partnerschaft, sollte das unbedingt auch grundbücherlich vermerkt werden.“ Besorgt zeigt sich der Sprecher der Vorarlberger Sparkassen allerdings auch über die unzureichende Auseinandersetzung mit der finanziellen Absicherung im Alter: „40 Prozent der Vorarlbergerinnen glauben, dass ihre Pension in Zukunft ‚nicht‘ bzw. ‚eher nicht‘ reichen wird. Rund ein Viertel interessiert sich aber ‚eigentlich nicht‘ dafür, ob sie im Alter abgesichert sein wird.“ Dabei sind rund ein Fünftel (18 %) der Frauen über 65 Jahre armutsgefährdet und laufen Gefahr, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ihre grundlegenden Bedürfnisse nicht befriedigen zu können.
„Besonders für Frauen ist die Vorsorge für den Ruhestand entscheidend, um dann auch ausreichend abgesichert zu sein. Stellt eine Frau ihre Erwerbstätigkeit für die Familienarbeit zurück, ist der Aufbau einer eigenständigen Altersvorsorge oder der Abschluss einer Lebensversicherung zu ihren Gunsten Ausdruck gelebter partnerschaftlicher Verantwortung. Zusätzlich versorgt ein Testament zugunsten der Partnerin und erspart den Hinterbliebenen unnötige Zwistigkeiten – insbesondere bei Patchwork-Familien oder wenn kein Trauschein vorhanden ist“, betont der Sprecher der Vorarlberger Sparkassen.
Aktiv in der Finanzbildung
Um die finanzielle Gesundheit von Frauen zu stärken, sprechen die Berater:innen der Vorarlberger Sparkassen die „Pensionslücke“ konkret an und beraten lebensphasengerecht. In puncto Finanzbildung setzen die Sparkassen schon möglichst früh im Kinder- und Jugendlichenalter an und bieten Angebote wie Sparefroh-TV, Workshops im Rahmen des Vorarlberger Finanzführerscheins, das volkswirtschaftliche Planspiel „Ecomania“ oder den interaktiven Finanzbildungsbus FLiP2Go, der voraussichtlich im Herbst 2022 wieder Station in Vorarlberg machen wird.
Auf die Frage, was Frauen selbst für ihre finanzielle Gesundheit tun können, raten die Expert:innen der Vorarlberger Sparkassen Frauen Folgendes:
- Überprüfen Sie regelmäßig Ihren Kontostand und Ihre Ausgaben.
- Sprechen Sie in der Familie offen über Geld.
- Trauen Sie sich Gehaltsverhandlungen zu.
- Wählen Sie möglichst Arbeitgeber:innen, die eine betriebliche Zusatzpension bieten können.
- Arbeiten Sie nach der Geburt ihres Kindes zumindest geringfügig bzw. in Teilzeit.
- Versuchen Sie, ab dem vierten Lebensjahr des Kindes eine möglichst hohe Stundenanzahl zu vereinbaren.
- Sorgen Sie für partnerschaftliche Verteilung der Familienarbeit.
- Stärken Sie nach Möglichkeit Eigentum.
- Beachten Sie die langfristigen Konsequenzen, die die Übernahme von Bürgschaften mit sich bringen.
- Sorgen Sie so früh wie möglich für private Pensionsvorsorge oder für die Einzahlung zusätzlicher Beiträge ins staatliche Pensionssystem.
(Foto: Caley Vanular/unsplash)
Zur Studie: Erste Bank und Sparkassen beauftragten das Marktforschungsinstitut IMAS INTERNATIONAL zur Befragung rund um das Thema „Frauen und Geld“. Zwischen 9. Bis 22. Dezember 2021 beantworteten 1.350 Personen mit 18+ Jahren Fragen mittels Computer Assisted Telephone Interviewing, wobei die Stichprobe disproportional angelegt wurde und pro Bundesland n=150 Interviews durchgeführt wurden. Dadurch ist auch eine Auswertung auf Basis der Bundesländer möglich. Für die Insgesamtbetrachtung wurden die Bundesländer entsprechend ihrer Größe gewichtet.