Auszug aus dem aktuellen UPDATE, dem Anlagemagazin der Vorarlberger Sparkassen
Die sich im heurigen Jahr die Wirtschaft in den Schwellenländern, den sogenannten Emerging Markets, weiter entwickeln wird, hängt maßgeblich von der Qualität der Handelsbeziehungen zwischen den USA und China ab. Dabei umfasst der nicht exakt definierte Sammelbegriff "Emerging Markets" eine Vielzahl von Staaten in Asien, Lateinamerika, Afrika und auch Osteuropa, die sich allesamt auf dem Weg zum Industrieland befinden. Hohes Wirtschaftswachstum, fortschreitende Industrialisierung, aber auch die positive Entwicklung sozialer Indikatoren (steigende Lebenserwartung, zunehmende Alphabetisierungsrate und sinkende Säuglingssterblichkeit) sind ihnen gemeinsam. Der große Nachholbedarf in puncto Industrialisierung sowie vielfach reiche Rohstoffvorkommen erzeugen eine enorme Wachstumsdynamik, die Rendite verspricht und Interesse weckt. Das hat zur Folge, dass Schwellenländer ausländisches Investitionskapital anziehen, das wiederum Wirtschaftswachstum ankurbelt.
Ringen um Stabilität
Die Schattenseiten des Wirtschaftsbooms sind aber ebenfalls unübersehbar: Der starke ausländische Kapitalzufluss begünstigt in manchen Ländern Korruption sowie Schattenwirtschaft und verzögert die längst fällige Sanierung maroder Staatsbetriebe. Fehlende Strukturreformen bremsen Modernisierungsbestrebungen und junge Wirtschaftstreibende aus. Vielfach gelingt es den Regierenden nicht, die große Kluft zwischen Arm und Reich abzubauen. Und Menschenrechte haben nicht überall Priorität...
Fest im Schuldengriff
Nach aktuellen Aussagen des Internationalen Währungsfonds sind vor allem Unternehmen und Privathaushalte in den Schwellenländern für die weltweite Schuldenkrise verantwortlich. Allein in China stieg die Verschuldung in den letzten zehn Jahren auf mehr als 300 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – eine geschätzte Verfünffachung. Diese Entwicklung könnte für die gesamte Weltwirtschaft fatale Folgen haben.
Mitleidig auf den geringeren Entwicklungsgrad der Emerging Markets herabzublicken, ist jedoch ganz und gar nicht angebracht. China, mit 1,21 Billionen US-Dollar der größte Gläubiger der Vereinigten Staaten, liefert sich aktuell nicht nur ein wirtschaftspolitisches Kräftemessen: Im Bereich von Wissenschaft und Technik gewinnt das Reich der Mitte im Vergleich zu den USA immer mehr an Boden.
Und ohne die kaufkräftigen Millennials in China sowie den anderen Schwellenländern, die mit ihrem Konsumhunger Absatz und Abeitsplätze in Europa und Nordamerika sichern, sähe es düster für die globale Wirtschaftsentwicklung aus. Das Credit Suisse Research Institute gibt an, dass bis zum Jahr 2050 der Anteil der asiatischen Schwellenländer an der Weltwirtschaftsleistung 55 Prozent erreichen könnte. Einen wesentlichen Beitrag dazu liefern asiatische Haushalte, deren Vermögen den schnellsten Anstieg weltweit verzeichnen. So konnten in den letzten sieben Jahren 93 Millionen Personen in die Mittelschicht (Vermögen im Bereich von 10.000 bis 100.000 US-Dollar) aufsteigen.
Mairegen oder Flächenbrand
Drehen nun Washington und Peking weiter mit Strafzöllen an der Eskalationsschaube, droht nicht nur in China eine konjunkturelle Abschwächung. Auch andere (Schwellen-)Länder würden erfasst werden. Denn so eng verflochten sind mittlerweile die globalen Handelsbeziehungen. Sollte es jedoch zu einer Wiederannäherung zwischen Washington und Peking kommen, werden nicht nur die Schwellenländer profitieren.