Kulturpreis Vorarlberg 2018 in der Kategorie Film geht an Claudia Larcher

Anerkennungspreise für Philipp Fussenegger und Felix Kalaivanan.

Der Vorarlberger Kulturpreis wurde 2018 zum vierten Mal ausgeschrieben und ist heuer der Sparte Film gewidmet. Durch ein Auswahlverfahren der erweiterten Kunstkommission des Landes wurden der Drehbuchautor, Regisseur, Produzent und Fotograf Philipp Fussenegger, der Regisseur, Drehbuch- und Hörspielautor Felix Kalaivanan, die Künstlerin, Filmemacherin und Fotografin Claudia Larcher, die Filmemacherin und bildende Künstlerin Veronika Schubert und die Kamerafrau und Regisseurin Marie-Thérèse Zumtobel nominiert.

Die international besetzte Jury mit Sebastian Höglinger, dem Direktor der Diagonale, des Festival des österreichischen Films, sowie der Journalistin und Filmkritikerin Sonia Neufeld und der Festivalleiterin der Kurzfilmwoche Regensburg Insa Wiese bewerteten die filmischen Beiträge im Rahmen der ORF-Präsentation und ermittelten schließlich die Preisträgerin und Preisträger. Ausschlaggebend für den Entscheidungsprozess waren vor allem Entwicklungspotenziale und Zukunftsperspektiven.

Mit den Anerkennungspreisen von 2.500 Euro, die im Rahme des Vorarlberger Kulturpreises vergeben werden, werden heuer Philipp Fussenegger und Felix Kalaivanan gewürdigt.

Philipp Fussenegger (Jg. 1989) betätigte sich nach einer Ausbildung am Klassischen Klavier zunächst als Fotograf und Texter in der Werbebranche, bevor er 2010 sein Regiestudium in Salzburg abschloss und anschließend an der Kölner Kunsthochschule für Medien aufgenommen wurde. Fussenegger ist eine schillernde Figur. Seine glitzernde Glamrock-Ästhetik und sein Spitzname „Prinz Philipp” verweisen auf eine leidenschaftliche Vorliebe für Show und Unterhaltung – auch wenn man sich von diesem ersten Eindruck nicht täuschen lassen sollte. „Ich benutze meinen Körper als Kommunikationsmedium und als Kunstwerk”, meinte der junge Drehbuchautor, Regisseur und Produzent in einem Interview mit dem „akzent”-Magazin. Dabei gehe es ihm nicht zuletzt darum, Gender-Stereotype zu hinterfragen und sich für Respekt gegenüber Mitmenschen und „dem Anderen” einzusetzen.

Laudatorin Insa Wiese: „Keine Geste, keine Geschichte scheint für den Nominierten zu groß, keine Widerstände, seien sie finanzieller Natur oder aktiv von Förderer- oder Produzentenseite artikuliert, scheinen unüberwindbar. Mal aus der Perspektive der Regie, mal in der Rolle des Produzenten zeichnet der Nominierte für narrative wie dokumentarische Projekte in Österreich, Deutschland oder den USA verantwortlich.

Vor allem und insbesondere im Umgang mit den häufig autobiografisch gefärbten Stoffen, die sich souverän über Genrezuweisungen hinwegsetzen und unterschiedlichste Tonalitäten anstimmen. Mit einer gesunden Brise Frechheit und Größenwahn steht der Nominierte für ein Kino, das sich selbst nie genug ist und das bildgewaltig und mit Hang zum kontrollierten Pathos von Abhängigkeiten und Empowerment erzählt. Ein Kino wider die Schubladisierung. Ein Kino der Möglichkeiten – streitbar und glitzernd.“

Ebenso überzeugt hat die Jury Felix Kalaivanan (Jg. 1993). Felix Ramu Kalaivanan ist ein Geschichtenerzähler. Sein Talent hat er dabei schon früh unter Beweis gestellt: Im Alter von 18 Jahren gewann er mit seinem ersten Kurzfilm LEAF ME ALONE einen Wettbewerb des ORF Vorarlberg, seit damals ist er auch verstärkt literarisch und immer wieder am Theater aktiv. „Das künstlerische Format ist für ihn zweitrangig”, schrieben die Vorarlberger Nachrichten 2016 in einem Kurzporträt. Es gehe ihm ums Erzählen und darum, Menschen zu erreichen. „Jede Reaktion des Publikums, ob positiv oder negativ, freut mich”, so der gebürtige Feldkircher mit indischen Wurzeln. „Es geht darum, eine Geschichte schlüssig und mit größter Wirksamkeit zu erzählen”, erklärt Kalaivanan seine Offenheit für die künstlerische Form. „Wer Dramaturgie verstanden hat, kann sowohl Bücher als auch Filme produzieren. Daher lasse ich mich überraschen, wohin es die Medienlandschaft treibt und bleibe offen für neue Formate.”

Insa Wiese als Laudatorin über Felix Kalaivanan: „Der Regisseur scheut sich nicht, in seinen Werken in die Kälte abzutauchen. Zum einen im übertragenen Sinn, wenn sich ein kleiner Junge im Wald seine eigene Welt baut, um der Kälte zu Hause zu entfliehen. Zum anderen im Rahmen einer schneebedeckten Landschaft bei -16 Grad, wo sich zwei ehemalige Schulkollegen treffen und in zehn Minuten die großen Themen Zukunft, Freundschaft und Heimat authentisch und mitreißend verhandelt werden.

Der Anerkennungspreis des Kulturpreises Vorarlberg in der Kategorie Film geht an den talentierten Geschichtenerzähler Felix Kalaivanan, der mit und ohne Drehbuch Filme macht, die – nicht zuletzt aufgrund ihrer mutigen Bildgestaltung und klugen Dramaturgie – unter die Haut gehen."

Mit dem mit 10.000 Euro dotierten Hauptpreis wird dieses Jahr Claudia Larcher ausgezeichnet.

Claudia Larcher (Jg. 1979) hat ihren künstlerischen Schwerpunkt in den Bereichen Experimentalfilm, Videoinstallation, Fotografie und Collage. Nach ihrem Studium an der Universität für angewandte Kunst in den Fächern „Bildhauerei und Multimedia” und „Medienübergreifende Kunst” gewann sie 2008 mit ihrem Diplomfilm HEIM den Preis der Kunsthalle Wien. Seither entstanden knapp 20 Filme und Videoarbeiten, die weltweit bei Festivals sowie Einzel- und Gruppenausstellungen (u.a. Ars Electronica, steirischer herbst, Tokyo Wonder Site, Slought Foundation Philadelphia, Centre Pompidou) präsentiert wurden. Bei der Viennale (2013) und im Anthology Film Archive in New York (2016) waren ihr Personalen gewidmet. Vom österreichischen Kulturministerium wurde sie u.a. mit dem Staatsstipendium (2015) und dem Outstanding Artist Award (2016) für Video- und Medienkunst bedacht. Nach einer Gastprofessur am Architekturinstitut der TU Wien lehrt sie seit 2016 auch an der Angewandten.

Claudia Larchers Arbeiten sind außergewöhnlich – nicht zuletzt, da sie sich konventionellen Zuschreibungen oder einfachen Deutungen konsequent entziehen und im Publikum dennoch einen eigenartigen Nachhall und eine nachhaltige Irritation auslösen. Die Räume, mit denen sich Larcher beschäftigt, existieren in dieser Form nicht, sondern bilden die Basis für ihre Interpretation, Abstraktion oder Verfremdung der architektonischen Gegebenheiten.

Insa Wiese: "Mit analytischem Blick gleitet die Kamera kaum merklich animiert, fast zärtlich durch merkwürdig sterile Räume, über Körper und mysteriöse Landschaften und erzeugt mittels herausragendem Sounddesign Orte der Verrätselung, der Beklemmung und Uneindeutigkeit. Trotz Blick fürs Schöne und für Details schafft es die Künstlerin, eine Spannung beim Zuschauer zu erzeugen, die einem Thriller gleichkommt. Die Faszination ihrer Arbeiten besteht im Reziproken zwischen schönen, nur vermeintlich alltäglichen Aufnahmen und dem kühlen analytischen Blick nebst geradezu gewalttätigen Sounds. Mittels Abstraktion, Überhöhung und Verfremdung inszeniert die Künstlerin Lebensräume, die einen verzerrten Alltag widerspiegeln. Aufgrund dieser Inszenierung gelingt es der Künstlerin, die Blicke des Zuschauers auf die Leinwand gebannt zu halten und Kino oder auch installative Vorführung nahezu physisch erlebbar zu machen: das Klingeln an der Haustür oder das Schlagen des Hammers gehen durch Mark und Bein, der Ultraschallsound erzeugt ein Kribbeln auf der Haut. Vertrautes erscheint uns in diesen Räumen fremd oder wird scheinbar gar zur Bedrohung.

Claudia Larchers Arbeiten sind Werke, denen man sich wahrlich nicht entziehen kann und von denen man mehr sehen möchte. Deshalb zeichnen wir, die Jury, Claudia Larcher mit dem mit 10.000 Euro dotierten Hauptpreis aus.“

Der Kulturpreis Vorarlberg ist eine Initiative von Casino Bregenz zusammen mit der Sparkasse Bregenz, und mit Unterstützung des Landes Vorarlberg sowie des ORF Vorarlberg. Der Preis unterstützt innovative Formate und Genres und soll jungen, aufstrebenden Künstlern eine würdige Plattform bieten, um ihr künstlerisches Schaffen zu präsentieren. Er wird jährlich vergeben, die zu prämierende Kunstgattung wird dabei jedes Jahr neu definiert. Die Sparte Malerei wird die nächste Kategorie für den Kulturpreis Vorarlberg 2019 sein, wie die Preisstifter, Casino Bregenz Direktor Bernhard Moosbrugger und Martin Jäger, Vorstandsdirektor der Sparkasse Bregenz, bekanntgaben.

Vorarlberger Kulturpreis 2018